Wenn man die Kunstgeschichte der Moderne schreibt, dann gehört dort ein
eigenes Kapitel der deutschen Künstlerin Paula Modersohn-Becker: Die
früh, schon mit 31 im Wochenbett verstorbene Malerin, die zwischen
Worpswede und Paris hin- und herpendelte, hat in den Jahren nach 1900
einen radikal neuen Blick auf die eigene Weiblichkeit geworfen. Doch
nicht nur der erste weibliche Selbstakt, den sie 1906 schuf, ist das
Thema in der neuen Folge von "Augen zu", dem Kunstpodcast von Florian
Illies und Giovanni di Lorenzo.
Auf anschauliche Weise wird erzählt, wie Paula Becker erst unter der
Anleitung und dann schon bald an der Seite des Worpsweder
Landschaftsmalers Otto Modersohn sich die einsame Landschaft des
deutschen Nordens erschließt, die Moore, die Kanäle, die Birken, die
verlorenen Menschen darin. Anders als die klassische
Kunstgeschichtsschreibung es deutete, ist Otto Modersohn auch keineswegs
der störrische Mann, der dem Kunststreben seiner Frau im Wege steht.
Nein, er fördert sie, unterstützt sie, kann – gerade weil er selbst ein
herausragender Künstler ist – genau erkennen, warum seine Frau auf ihren
Leinwänden im Stillen eine ganz neue malerische Radikalität entwickelt.
Es entstehen grobe, kühne, holzschnittartige Menschenbildern, die
geschult sind an den großen Vorbildern in Paris, die Paula
Modersohn-Becker in der Zeit um 1900 so genau studiert wie kaum ein
anderer Künstler ihrer Zeit.
In "Augen zu", dem Kunstpodcast von ZEIT und ZEIT ONLINE erzählen
Florian Illies und Giovanni di Lorenzo von ihren wichtigsten Werken,
ihrem kurzen Leben und ihren inneren und äußeren Kämpfen. Wie in jeder
Folge machen zwei "Telefonjoker" das Leben der Künstlerin anschaulich:
So berichtet Antje Modersohn, die Enkelin Otto Modersohns, nicht nur
davon, wie die neu ausgewerteten Tagebücher ihres Großvaters endlich ein
vorurteilsfreies Bild seiner Ehe mit Paula Becker ermöglichen - nein,
sie berichtet auch von den zahlreichen Besuchen des ehemaligen
Bundeskanzlers und ZEIT-Herausgebers Helmut Schmidts in Worpswede.
Schmidt reiste jahrzehntelang immer wieder zur Familie Modersohn, um vor
den Werken Ottos und auch Paulas seine, wie er es sagte, "inneren
Kraftquellen" neu aufzuladen. Moritz Rinke, der berühmte deutsche
Dramatiker und Schriftsteller, erzählt anschaulich aus seiner eigenen
Kindheit und Jugend – denn er ist in jenem legendären Worpswede
aufgewachsen und damit hautnah mit dem Erbe von dessen größtem
Malerpaar. Natürlich spielt auch dieser besondere Geist von Worpswede
eine große Rolle in dieser Folge von "Augen zu", denn parallel zu Paula
und Otto Modersohn bildeten sich dort auch die Ehen von Clara Westhoff
und dem Dichter Rainer Maria Rilke und von Heinrich und Martha Vogeler.
Diese drei Paare schufen in den Jahren nach 1900 in dem verschwiegenen
kleinen Ort bei Bremen eine Künstlerkolonie voll Poesie: Gedichte und
Gemälde mit Kindern, die an Birken lehnen, und der dunkle Ton der Moore
erdet jede Utopie. Paula Modersohn-Beckers Kunst aber ragt aus all dem
heraus wie ein kantiger Solitär.
Zum Abschluss geben Florian Illies und Giovanni di Lorenzo ihren
Zuhörerinnen und Zuhörern wie immer praktische Hinweise: In welchen
Museen und in welchen Büchern kann man Paula Modersohn-Becker am besten
kennenlernen. Mit Fragen oder Anregungen zum Podcast erreichen Sie die
Moderatoren unter augenzu@zeit.de
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