Seit 2010 veranstalten vier namhafte Frankfurter Institutionen zusammen die Frankfurter Hausgespräche. An vier öffentlichen Diskussionsabenden wird dabei ein gemeinsames Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet - stets mit der Maxime, die Gegenwart mit einem Blick in die Vergangenheit und Gedanken an die Zukunft zu verbinden.
Dass wir unsere Wörter selbst bilden, ist Ausdruck unseres Erfindungsreichtums und unserer Freiheit. Mit unseren Sprachschöpfungen bewegen wir uns allerdings auch in einem bestimmten System, dessen Regeln unseren Erfindergeist einhegen: grammatische Regeln, Regeln der Wortbildung, Rechtschreibregeln. Und schließlich stehen wir in einem Überlieferungszusammenhang: Unsere Sprache ist von vielen Generationen geformt worden. Andererseits nimmt sich jede Zeit wiederum das Recht, der Sprache ihren Stempel aufzudrücken. Die Sprache soll wandlungsfähig sein, denn sie muss Neues ausdrücken können. Dabei kommt es zum Streit darüber, ob der Sprache Gewalt angetan wird oder ob ihr Wandel organisch ist. Einen solchen Streit erleben wir auch gegenwärtig, vor allem bei einem elementaren Thema: Gerechtigkeit. Sprache soll gerecht sein. Sprachliche Benachteiligungen sollen geächtet und durch bewussten Sprachwandel beendet werden. Wir sollen in der Sprache grundsätzlich sensibel, rücksichtsvoll, behutsam, fair und eben gerecht miteinander umgehen. Ein hoher Anspruch! Woher kommt er, wie stellt er sich im Einzelnen dar, und wohin führt er?
Die Zunahme einer Pluralität der Herkünfte und Kulturen führt in einem Einwanderungsland wie Deutschland notwendig zu einer Vielfalt von Sprachen, die – zumindest im privaten Zusammenhang – gesprochen werden. Doch wie sich dann verständigen, wenn nicht durch Mehrsprachigkeit möglichst aller Bürgerinnen und Bürger? Ist Indien ein Vorbild, wo Hindi und Englisch zwar als Amtssprachen gelten, man aber angesichts der Vielfalt gesprochener Sprachen auf eine Nationalsprache verzichtet? Sollten Herkunftssprachen ebenso gefördert werden wie die deutsche Sprache, also auch als Schulfächer und Zusatzqualifikation anerkannt werden? Oder sollten nicht doch vor allem (sehr) gute Deutschkenntnisse aller langfristig in Deutschland Lebenden als oberstes Ziel der Sprachbildung gelten? Über diese und andere Fragen aus Theorie und Praxis diskutieren:
Prof. Dr. Roland Kaehlbrandt, Honorarprofessor für Sprache und Gesellschaft an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, Vorsitzender des Vorstands der Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main
Dr. Magdalena Knappik, Gastprofessorin „Grundschuldidaktik, Mehrsprachigkeit und soziale Teilhabe“ Universität Kassel
Dr. Aladin El-Mafaalani, Professor für Erziehung und Bildung in der Migrationsgesellschaft, Universität Osnabrück
Dr. Brigitta Sassin, Religionswissenschaftlerin und Theologin, Referentin für Gemeinden anderer Muttersprache und christlich-islamischen Dialog, katholische Stadtkirche Frankfurt
Cover: © Priscilla Du Preez