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Politik

Max und Moritz

ist der Podcast zur US-Politik von Max Böhnel, nd.Korrespondent, und Moritz Wichmann, unserem USA-Spezialisten im Online-Ressort. Zusammen mit dem USA-Liebhaber (und nd.Sportredakteur) Oliver Kern sorgen sie für Er- und Aufklärung. Alle Folgen zum Nachhören auf dasnd.de/maxundmoritz

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Folgen von Max und Moritz

23 Folgen
  • Folge vom 16.05.2020
    »Das radikalisiert«: Die Rekordarbeitslosigkeit in den USA wird Folgen haben
    Hallo Moritz, die Arbeitslosigkeit in den USA steigt rapide an und wird wohl auch bei den Wahlen im November ein wichtiges Thema sein. Also lass uns drüber reden. Wie viele Menschen sind durch Corona mittlerweile arbeitslos geworden? Im Februar lag die offizielle Arbeitslosenquote noch bei 3,6 Prozent. So niedrig war sie seit 1968 nicht mehr. Doch das hat sich jetzt radikal gewandelt. Jede Woche melden Millionen Leute, dass sie ihre Arbeit verloren haben. Aktuell ist die offizielle Quote auf 14,7 Prozent gestiegen. Dabei hat das US-Arbeitsministerium schon zugegeben, all jene nicht mitzuzählen, die angeben, nur vorübergehend keine Arbeit zu haben. Eigentlich sind es also rund 20 Prozent. Seit März haben 33 Millionen Amerikaner ihre Arbeit verloren. Vorher waren es insgesamt »nur« fünf Millionen. Kann man sich wenigstens auf diese Zahlen jetzt verlassen? Nein, es gibt wie immer eine Dunkelziffer. Die Daten erfassen nur all jene, die Arbeitslosenhilfe beantragen. Für manche kommt das aber nicht in Frage, weil sie vorher zu kurz gearbeitet haben oder sie illegalisierte Arbeiter ohne Papiere sind. Wirtschaftswissenschaftler schätzen, dass die reale Arbeitslosigkeit schon auf bis zu 25 Prozent gestiegen ist. Das Arbeitslosengeld wurde zuletzt aufgestockt. Funktioniert die Auszahlung? Sie hat zumindest gestottert, genau wie die 1200 Dollar Einmalzahlung, die an alle Bürger gehen sollte. Eine Freundin von mir in North Carolina hat ihren Job in einem Restaurant wegen der Coronakrise verloren. Als sie versuchte, Arbeitslosengeld zu beantragen, war die Website tagelang überlastet. Das System ist nicht für diese Masse an Anträgen ausgelegt. Vielerorts ist das ja auch gewollt. Der republikanische Ex-Gouverneur von Florida, Rick Scott, änderte einst das System so, dass Arbeitslose mit vielen Fragen und immer wieder neu auszufüllenden Anträgen abgeschreckt werden. So spart der Staat Arbeitslosengeld, und der Gouverneur kann prahlen, dass es in Florida weniger Arbeitslose gab. Moritz, vergleich doch mal die Zahlen mit früheren Krisen! Auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise 2008/2009 lag die Arbeitslosigkeit bei ungefähr zehn Prozent. Da liegen die USA jetzt schon weit drüber. Es dauerte damals sechs bis acht Jahre, um den Jobverlust wieder aufzuholen. Zu Zeiten der großen Rezession der 30er Jahre war die Quote sogar auf 25 Prozent geklettert. Zumindest die Dunkelziffer hat auch das Niveau schon erreicht, und wir wissen nicht, wie lang die Entwicklung noch anhält. Gibt es schon Prognosen dazu? Es gibt Schätzungen der Zentralbank, dass es bis zu 30 Prozent Arbeitslosigkeit geben könnte. Schließlich gehen die Leute nicht einfach sofort wieder in Restaurants, Kinos oder Konzerte, selbst wenn die schon bald wieder offen sind, wenn sie Angst haben sich anzustecken. Es wird länger dauern, bis die Wirtschaft wieder in Schwung kommt, und in der Zeit werden viele Firmen insolvent gehen. Wessen Wähler trifft es zur Zeit am schlimmsten? Eher die Basis der Demokraten. Das war 2008/2009 anders, als vermehrt weiße, männliche Arbeiter in Fabriken und auf dem Bau Jobverluste beklagen mussten. Jetzt sind es überproportional viele in Dienstleistungsberufen, dem Tourismus und weiteren Branchen, wo es mehr Frauen und Angehörige von Minderheiten trifft. Im Reisesektor ging knapp die Hälfte aller Jobs verloren, auf dem Bau und in Fabriken nur ungefähr 12 Prozent. Das erklärt auch, warum die Republikaner noch nicht so stark unter Druck stehen, weitreichende Hilfen für Betroffene zu beschließen. Motiviert das die Wähler der Demokraten noch zusätzlich, im November zu wählen? Es gibt eine Grundannahme unter Politikwissenschaftlern: Wenn die Wirtschaftslage schlecht ist, werden Präsidenten dafür abgestraft. Das könnte jetzt wieder passieren. Die Krise trifft ja auch wieder viele junge Menschen. 2008/2009 hat sie das radikalisiert, Bewegungen wie Occupy entstanden. Das könnte nun wieder so kommen. Damals wurde Barack Obama zum Präsidenten gewählt. Mal sehen, ob seinem einstigen Vize Joe Biden im November die Wiederholung gelingt.* Bisherige Folgen von Max & Moritz: Das Comeback von Joe Biden am Super Tuesday Wie das Coronavirus den Wahlkampf verändert hat Was das vom US-Kongress beschlossene Hilfspaket gegen die Coronakrise enthält Wie die Coronakrise das tödliche Wirken des freien Marktes zeigt Wie die Republikaner Coronavirus zur Wählerunterdrückung nutzen Warum Bernie Sanders wieder nicht gewonnen hat Leere Rhetorik oder Zugehen auf Parteilinke? Krankenversicherung in den USA - Arztbesuch nur mit Kreditkarte
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  • Folge vom 02.05.2020
    Arztbesuch nur mit Kreditkarte
    Hallo Max. Lass uns übers Gesundheitssystem in den USA sprechen. Die jährlichen Ausgaben pro Kopf liegen bei 10 500 Dollar. In Deutschland sind es umgerechnet nur 6000. Was macht das US-System so viel teurer? Die Tatsache, dass es kein staatlich kontrolliertes Versicherungssystem gibt. Es gibt drei Arten: private, staatliche und Betriebskrankenversicherungen. Das ist ein Multimilliarden-Dollar-Geschäft. Wie teuer ist eine Privatversicherung? Monatliche Prämien beginnen ab etwa 1000 Dollar. Dazu kommen noch Copays und Deductibles. Was ist das denn? Copay ist eine Zuzahlung bei jedem Arztbesuch. Irgendwas zwischen 10 und 50 Dollar. Kommt man zum Arzt, lautet die erste Frage: »Wo ist Ihre Kreditkarte?« Ein Deductible ist eine Selbstbeteiligung, die mindestens 5000 Dollar pro Jahr beträgt. Eine Summe, für die man selbst aufkommt, bevor die Versicherung überhaupt zahlt. Da geht doch keiner mehr zum Arzt! Manche nicht. Vor jedem Arztbesuch rechnen sie genau durch: Kann ich mir das leisten? Man kann oft auch nur zu bestimmten Ärzten gehen, um Kosten erstattet zu bekommen. Nur bei Notfällen muss behandelt werden, ansonsten kann dich die Klinik zurückschicken. US-Bürger sind oft an den Arbeitgeber gebunden, richtig? Ja, ungefähr die Hälfte hat eine betriebliche Krankenversicherung. Bei Arbeitslosigkeit fällt sie aber weg. Das betrifft mit Corona jetzt viele Millionen. Prognosen sagen eine Arbeitslosenquote von bis zu 30 Prozent voraus. Wie viele US-Amerikaner sind unversichert? Obamacare hat die Zahlen seit 2010 von 45 Millionen um zwei Drittel gesenkt. Jetzt kommen aber vermutlich wieder mehr als 20 Millionen dazu. Zusätzlich sind 80 Millionen unterversichert. Auch bei ihnen sind die Zusatzkosten zu hoch, und manche gehen daran bankrott - oder sie bringen sich sogar um, weil sie die Raten nicht mehr zahlen können. Es gibt aber auch staatliche Versicherungen. Ja, Medicaid ist eine tolle Gratisversicherung für Menschen, die ganz ganz arm sind. Sie bekommen Therapien und Arztbesuche bezahlt. Das betrifft aber nicht sehr viele, da das Verdienstlimit sehr niedrig ist. Und Medicare bekommt man erst ab 65. Ändert Corona gerade die politische Debatte? Die Menschen wollen schon seit Jahren ein billigeres Versicherungssystem. Eines, bei dem man keine Angst haben und dauernd rechnen muss. Aber die Republikaner denken, der freie Markt müsse das regeln, alles andere sei Sozialismus und Teufelswerk. Bei den Demokraten ändert sich langsam etwas. Selbst die moderaten unter ihnen wie Joe Biden und Hillary Clinton forderten diese Woche eine universelle Krankenversicherung. Dann hätte Corona doch ein Gutes, auch wenn es ein hoher Preis für diese Erkenntnis wäre. Das Comeback von Joe Biden am Super Tuesday Wie das Coronavirus den Wahlkampf verändert hat Was das vom US-Kongress beschlossene Hilfspaket gegen die Coronakrise enthält Wie die Coronakrise das tödliche Wirken des freien Marktes zeigt Wie die Republikaner Coronavirus zur Wählerunterdrückung nutzen Warum Bernie Sanders wieder nicht gewonnen hat Leere Rhetorik oder Zugehen auf Parteilinke?
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  • Folge vom 25.04.2020
    Leere Rhetorik oder Zugehen auf Parteilinke?
    Oliver: Lasst uns über Joe Biden reden! Rücken die US-Demokraten auch unter ihm nach links? Äußerungen von Biden selbst, aber auch von Ex-Präsident Barack Obama, lassen das vermuten. Moritz: Manche Beobachter sagen, das ist nur wolkige Rhetorik. Andere erkennen Selbstkritik in den Aussagen, wenn etwa Obama sagt: »Würde ich heute noch mal antreten, dann mit einem anderen Programm.« Man erkennt den Willen, die Partei zu versöhnen. Sie rückt langsam nach links. Die Wählerschaft tut das schon seit Jahren. Max: Biden war in den letzten Jahrzehnten ein Opportunist. Vielleicht ergibt sich daraus eine Chance für die Linke, nämlich Biden zur Einsicht zu bewegen, dass er sich wirklich nach links bewegen muss, um Chancen gegen Trump zu haben. Oliver: Ist Biden der Parteilinken denn schon entgegengekommen? Moritz: Noch hat er nicht viel Konkretes geboten. Er will das Eintrittsalter in die Krankenversicherung für Ältere, also Medicare, auf 60 Jahre absenken, aktuell liegt es bei 65. Selbst Hillary Clinton hat 2016 als Konzession gegenüber Bernie Sanders eine Absenkung auf 55 Jahre angeboten. Aber Biden ist ein smarter Politiker und hat sich schon leicht nach links bewegt. Beim Klimaschutz könnte man in seinem Programm wenige Wörter umschreiben und dann leicht »Green New Deal« als Überschrift drübersetzen. Er will nun auch Studiengebührenschulden für Abgänger staatliches Unis erlassen. Man kann ihn also bewegen. Er macht erste Schritte, aber die sind noch sehr zaghaft. Oliver: Besondere Begeisterung löst Biden bisher aber bei niemandem aus. Max: Die Parteiführung der Demokraten ist sich sehr bewusst darüber, dass Biden ein sehr schwacher Kandidat ist. Er verhaspelt sich dauernd, und es tauchen nun Vorwürfe von früheren rassistischen Aussagen und sexuellen Übergriffen auf. Er hat Schwachpunkte, an denen Trump anknüpfen wird. Oliver: Aber da hat doch Trump selbst viel Schlimmeres getan. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er solche Themen anspricht, weil dann alle über Trumps eigene Verfehlungen reden würden. Moritz: Doch, Trump macht sogar schon Wahlkampf gegen Biden zum Thema Demenz. Und garantiert wird auch Bidens ehemalige Mitarbeiterin Tara Reade eine prominente Rolle spielen, damit beim Wähler der Eindruck haften bleibt, dass beide Dreck am Stecken haben. Das ist alles, was Trump braucht. Oliver: Die demokratischen Wähler folgten einem Kandidaten, der ständig nur betonte, wie toll er mit Barack Obama zusammengearbeitet hat. Für mich ist das Make America Great Again 2.0. Max: Die Angst ist schon vorhanden, dass Trump weitere vier Jahre im Weißen Haus sitzt. Also wählten viele denjenigen, dem sie am ehesten zutrauen, Trump zu besiegen. Das ist auch eine Art Nostalgie. Man schaut lieber zurück auf die angebliche goldene, tolle Obama-Zeit anstatt nach vorn mit Reformideen wie Medicare for All oder einem Gratisstudium an Universitäten. Wenn Biden verspricht, dass es wieder so wird wie früher, ist das nachvollziehbar, und hinter so einen können sich die Leute stellen. Oliver: Auch wenn man dafür über Vorwürfe von sexuellen Übergriffen hinwegsehen muss? Moritz: Wir lachen gerne über Trump-Wähler, die kultartig die Realität ignorieren. Die Kehrseite der parteipolitischen Polarisierung in den USA ist, dass das bei vielen Demokraten genau so ist. Sie interessieren Vorwürfe von sexuellen Übergriffen gegen Biden überhaupt nicht. Das wird einfach ausgeblendet. 2016 wollten die Wähler der Republikaner ihr Establishment zum Teufel schicken und wählten deswegen Trump. Das ist bei den Demokraten offensichtlich nicht so. Viele von ihnen vertrauen ihrer Parteiführung. Max: Gut 60 Prozent der Demokraten steht tatsächlich loyal zur Parteiführung und den Organisationen, die eng mit ihr verknüpft sind, ganz egal was sie vertreten. Korrektur: Im Podcast findet sich ein Versprecher. Joe Biden will nicht Studiengebühren an staatlichen Universitäten erlassen, sondern Studiengebührenschulden. In den bisherigen Folgen von Max & Moritz ging es um: Das Comeback von Joe Biden am Super Tuesday Wie das Coronavirus den Wahlkampf verändert hat Was das vom US-Kongress beschlossene Hilfspaket gegen die Coronakrise enthält Wie die Coronakrise das tödliche Wirken des freien Marktes zeigt Wie die Republikaner Coronavirus zur Wählerunterdrückung nutzen Warum Bernie Sanders wieder nicht gewonnen hat
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  • Folge vom 18.04.2020
    Warum Bernie Sanders verloren hat
    Bernie Sanders hat seine Kandidatur zurückgezogen. Somit steht fest: Ex-Vizepräsident Joe Biden wird der Kandidat sein, mit dem die Demokraten Donald Trump aus dem Amt jagen wollen. Max, war es der richtige Zeitpunkt für diesen Schritt? Max Böhnel: Besser zu spät als gar nicht. Dass Sanders nicht gut da steht, deutete sich schon Ende Februar an, als Joe Biden ab der Vorwahl in South Carolina so unglaublich davonzog. Das war eine riesige Überraschung und für einige wohl auch ein Schock. Dann kam der Super Tuesday, an dem Sanders in nur vier Bundesstaaten vorne war und Biden in zehn. Dass etwas schieflief, war also damals schon klar. Und Sanders hätte sich überlegen müssen, ob sich das Weitermachen noch lohnt. Dass er ausgerechnet jetzt zurückzog, liegt am Coronavirus. Sein Wahlkampf war vor allem geprägt von Massenkundgebungen, und die sind jetzt nicht möglich. Moritz Wichmann: Ich glaube auch, dass die Coronakrise das mitdiktiert hat. Aber der Druck wurde auch immer größer, weil Sanders dem führenden Kandidaten Biden potenziell immer mehr Schaden zugefügt hätte durch eine Nichteinigkeit der Partei. Er hat das Beste aus der Situation gemacht. Hat Sanders denn trotzdem noch Einfluss aufs Wahlprogramm, das die Demokraten bald verabschieden werden? Moritz: Das könnte man als optimistischer Linker hoffen. In Sachen Delegiertenzahl ist er im Vergleich zu 2016 zwar in einer schwächeren Position. Er wird aber wohl genug zusammenbekommen, um Minderheitenanträge auf dem Parteitag stellen zu können. Vielleicht ist er aber sogar in einer stärkeren Position, wenn der moderate Parteiflügel, und dafür gibt es Anzeichen, endlich akzeptiert, dass das Lager rund um Sanders ein wichtiger Teil der Partei ist. Sanders und Biden haben auch schon verkündet, dass sie gemeinsame Arbeitsgruppen gründen, in denen Kompromisspositionen gefunden werden sollen. Lesen die Leute in den USA überhaupt Parteiprogramme? Max: Mir ist noch nie eins aufgefallen. Ich wüsste gar nicht, wo ich das suchen würde, wahrscheinlich auf der Webseite der Demokratischen Partei. Aber ich frage mich schon: Sollten die Wähler das überhaupt lesen? Mir ist nicht bekannt, dass sich jemand in den letzten Jahrzehnten in der politischen Debatte je auf ein Parteiprogramm berufen hätte. Moritz: Das mag sein, aber das Programm ist doch auch Beschlusslage. Siehe Mindestlohnerhöhung auf 15 Dollar: Die stand seit 2016 drin, und drei Jahre später wurde sie von den Demokraten im Repräsentantenhaus beschlossen. Noch scheitert sie an Präsident Trump und dem Senat, aber das Programm hat Einfluss auf die Politik. Warum hat es für Sanders wieder nicht gereicht? Immerhin konnte er dieses Mal mit einer viel größeren Fanbasis und viel mehr Geld starten. Er war zwischendurch sogar Favorit auf den Vorwahlsieg, hatte nach den ersten drei Bundesstaaten die meisten Delegierten. Hat Sanders taktische Fehler gemacht, oder lag es an externen Faktoren? Max: Selbst als Bernie Favorit war - also nach den Vorwahlen in Nevada Mitte Februar bis zum Super Tuesday Anfang März - war er das vornehmlich, weil das Bewerberfeld der Zentristen völlig zersplittert war. Das kam ihm zugute. Moritz: Sanders hat erst mal ziemlich viel richtig gemacht. Seine Umfragewerte gingen über Monate stetig nach oben. Mit ein bisschen Glück hätte es auch anders laufen können. Sanders hatte dann in der Tat keine strategisch gute Antwort auf die massive Konsolidierung der Parteiführung rund um Joe Biden direkt vor dem Super Tuesday. Aber bis dahin hatten sich laut Umfragen 50 Prozent der Wähler vorstellen können, Sanders zu wählen. Es war also wirklich knapp. So einen starken Umschwung wie es ihn dann zu Biden gab, hat es in so kurzer Zeit nie zuvor gegeben. Es war wirklich etwas Einmaliges. Max: Sanders hatte, das muss man auch sagen, von Anfang an sowohl die Parteiführung gegen sich als auch einen großen Teil der Massenmedien. Es waren wochenlang kritische Artikel mit dem Tenor zu lesen, es wäre ein Fehler, wenn die Partei stark nach links rückt und Sanders der Kandidat wird. Trump würde ihn und die Demokraten als Sozialisten und Linksradikale zerlegen. Moritz: Ich glaube auch, dass sich sehr linke Kandidaten in Zukunft Gedanken darüber machen müssen, wie sie besser mit den Massenmedien umgehen. Es war ein Fehler der Sanders-Kampagne, hier keinerlei Zugeständnisse zu machen, und immer die Anti-Establishment-Rhetorik zu fahren. Nach dem Super Tuesday hat er versucht, ein bisschen auf die Normalo-Demokraten zuzugehen, aber das war too little, too late. Max: Sein Wahlkampfteam hat zudem die Bedeutung der schwarzen Wähler von Anfang an unterschätzt. Es hatte in der Mehrzahl der Südstaaten, wo die demokratische Basis mehrheitlich aus Afroamerikanern besteht, überhaupt keine Teams unterwegs. Moritz: Ich denke schon, dass sich das Team deutlich mehr engagiert hat, etwa mit schwarzen Organizern vor Ort. Aber die schwarze Community hat mit den Clintons und Biden eine jahrzehntelange Verbindung. Das lässt sich nicht so schnell aufholen. Max: Die schwerwiegendste Fehleinschätzung betraf aber die weiße Arbeiterklasse. Die hatte 2016 sehr stark Sanders unterstützt, diesmal aber Joe Biden. Eine Erklärung dafür ist wohl, dass sie vor vier Jahren Bernie gar nicht für seine Ideen wählte, sondern nur, weil sie Hillary Clinton nicht mochte. Da kommt das Thema Sexismus ins Spiel. Moritz: Sanders traf diesmal aber auch auf ein super verängstigtes Wahlvolk. Viele Demokraten haben richtig Schiss und wollen auf Teufel komm raus Trump abwählen. Das erklärt diesen Widerspruch, dass die Leute bei inhaltlichen Fragen, etwa der Einführung einer staatlichen, Krankenversicherung, Sanders’ Ideen unterstützen, ihn aber nicht gewählt haben. Das ist ihnen gerade nicht das Wichtigste. War ihnen der Kandidat Sanders vielleicht auch suspekt? Max: Sanders ist sehr stur. Ich hab ihn 2015 mal interviewt, und das ist mir sofort aufgefallen. Er hielt sich auch jetzt oft nicht an seine Berater. Die hatten ihm empfohlen, Biden in TV-Debatten hart anzugehen. Das hat er nicht gemacht. Moritz: Das hat damit zu tun, dass er ihn persönlich mag. Aber auch, weil die zweite Wahl vieler Biden-Wähler lange Zeit Sanders selbst war. Die wollte er dann mit zu harten Attacken nicht abschrecken, für den Fall, dass er sie später brauchen würde. In den bisherigen Folgen von Max & Moritz ging es um: Das Comeback von Joe Biden am Super Tuesday Wie das Coronavirus den Wahlkampf verändert hat Was das vom US-Kongress beschlossene Hilfspaket gegen die Coronakrise enthält Wie die Coronakrise das tödliche Wirken des freien Marktes zeigt Wie die Republikaner Coronavirus zur Wählerunterdrückung nutzen
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