Die als Leipziger “Mitte”-Studien bekannt gewordene Untersuchungsreihe wurde 2020 zum 10. Mal durchgeführt und gestattet den Verlauf der antidemokratischen Einstellungen in Deutschland über 18 Jahre nachzuzeichnen. Dadurch wird sichtbar, dass die autoritäre Dynamik in der Bundesrepublik unterschiedliche Ausprägungen hat. Seit Beginn prägte ein sekundärer Autoritarismus die postnationalsozialistische Gesellschaft, die Identifikation mit der abstrakten Autorität einer “starken deutschen Wirtschaft”. Sie bot die Prothesensicherheit von Stärke und Selbstwert, beides hätte nach dem Untergang Nazi-Deutschlands sonst aufgegeben werden müssen. Ganz obsolet ist dieser Befund nicht, aber unter dem Druck der Covid-19 Pandemie zeigt die sozialpsychologische Analyse der Leipziger Autoritarismus Studien etwas Neues: Mit Verschwörungsmythen und Antisemitismus treten wieder Elemente einer alten autoritären Dynamik zu Tage. Sie bringt eine anti-moderne Bewegung hervor, die gegenwärtig auch ohne personelle Autorität auskommt, und doch eine Prothesensicherheit bietet. Oliver Decker wird die Ergebnisse vorstellen und die Frage diskutieren, ob auch in modernen Gesellschaften mit den Verschwörungsmythen und dem Antisemitismus eine dunkle Ressource zur Verfügung steht, die im Falle von Krisen aktiviert wird.