Die Stimmung bei der Fußball-WM im Sommer 2006 haben viele als magisch erlebt. So mancher wünscht sich bei der EM ein Sommermärchen 2.0. Wie stehen die Chancen dafür?
Wenn man ehrlich zu sich selbst ist, dann sind doch viele Erlebnisse in der Retrospektive noch schöner, noch fantastischer als sie es in Wahrheit waren. Ich habe nun wirklich eine Weile nachgedacht, über meine Erinnerungen an die WM 2006. Und ich finde einfach keinen Makel an diesen vier Wochen. Die menschliche Wärme in unserem Land war ungeahnt groß. Was auch an der Wärme des Wetters lag. Vier Wochen perfekt, kaum Regen, nicht zu heiß. Die Nächte angenehm, ideal, um draußen zu feiern. Und das taten wir. Generationenübergreifend, nationalitätenübergreifend. In den Städten, wo Spiele stattfanden, sowieso, aber auch in kleineren Gemeinden und Dörfern. Das neue Zauberwort damals: Public Viewing. Gemeinsam Fußball gucken, egal ob es ein Deutschlandspiel war oder irgendein belangloser Kick zweier Nationen in der Gruppenphase.
Nach der WM galten wir Deutschen plötzlich als weltoffen, warmherzig und gastfreundlich. Was ist davon geblieben? Aktuell nicht mehr viel. Wir schauen 18 Jahre nach der WM wieder eher auf uns, statt auf die Person neben uns. Die Gründe sind vielschichtig. Einer aber sind ganz sicher die sozialen Netzwerke. Die steckten 2006 noch in der Entwicklung: Es gab kaum Smartphones, nicht jedes Bild, jedes Filmchen, ob ein positiv schönes oder ein negativ abschreckendes war in Sekunden in die Welt gepostet. Dieses Mal wird das anders sein.
"Ich wollte ein Turnier organisieren, das in die Zeit passt", sagte Turnierdirektor Philipp Lahm kürzlich. 2006 war er noch Spieler und gab mit seinem Tor zum 1:0 gegen Costa Rica im Eröffnungsspiel selbst den Startschuss zum Sommermärchen.
Es geht darum, die Menschen zusammenzubringen, gemeinsam zu feiern, unsere gemeinsamen Werte zu feiern, denn: Wir sind, was das Miteinander angeht, auch durch die Pandemie geschädigt - und da kann so ein Großereignis helfen.
Diesen Zusammenhalt wünsche ich mir wieder für die EM. Die Voraussetzungen dafür: Ähnliches Wetter wie 2006 wäre schon mal nicht schlecht. Ein Mehr an Solidarität, quasi auf Knopfdruck dürfte, so mein Eindruck ein paar Tage vor Turnierbeginn, schwer werden. Aber wer weiß - was bleibt, ist die Hoffnung. Wir können bei dieser Europameisterschaft zeigen, dass wir Europäer zusammenhalten. In den Landesfarben getrennt, in der Sache geeint.
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