Für einen Moment sah der Bismarck aus wie ein Gespenst: Die Plane, in
die er gehüllt war, blieb kurz am Kopf hängen, als das Monument am 2.
Juni 1906 eingeweiht wurde. Bei Wind und Regen musste die Gruppe von
einigen Dutzend Hamburger Honoratioren, die sich im Alten Elbpark
versammelt hatte, den Hut festhalten und ausharren, bis die Hymne
abgesungen war, ein paar Reden gehalten und der Bismarck endlich
barhäuptig und aus schwindelnder Höhe über Elbe und Stadt blickte. Der
alte Reichskanzler war fast acht Jahre zuvor gestorben. Vor allem in der
Rückschau wurde er immer beliebter, seine Verdienste um die deutsche
Reichseinigung schienen immer weiter anzuwachsen.
Es folgten zwei Weltkriege, und der Blick auf Bismarck änderte sich im
Laufe des 21. Jahrhunderts stark. In der sogenannten Berliner Republik
schien das Denkmal langsam in Vergessenheit zu geraten, wie viele
Relikte des Kaiserreichs. Die Bäume verdeckten ihn bald, sodass man auch
nicht sah, wie dieser Bismarck mit Graffiti verziert worden war.
Doch seit ein paar Jahren wird wieder über das koloniale Erbe
diskutiert. Im Fahrwasser der Black-Lives-Matter-Bewegung ist diese
Debatte von Forschung und Fachpublikum in den Alltag der Deutschen
getragen worden: Wie rassistisch ist Deutschland heute noch? Wie viel
koloniales Raubgut befindet sich in den Museen? Wie gehen wir mit
Straßen um, die kontroverse Namen tragen – und wie mit Denkmälern?
Auch der Hamburger Bismarck steht auf einmal mitten in dieser Debatte,
gilt er doch manch einem – wie dem Hamburger Historiker Jürgen Zimmerer
– als "Deutschlands höchstes Kolonialdenkmal". Wir haben mit ihm darüber
gesprochen – und wir haben uns selbst auf den Weg gemacht zum Bismarck,
auf eine historische Erkundungstour zusammen mit dem Hamburger
Kunsthistoriker Jörg Schilling, der uns erzählt, wie das Denkmal einmal
gemeint war.
Mehr zum Thema, zum Beispiel ein sehr ausführliches Gespräch mit Jürgen
Zimmerer über die deutschen Kolonialverbrechen, die aktuelle Debatte und
den Historikerstreit über die deutsche Gedenkkultur sowie Beiträge zur
Geschichte des Rassismus und der Rassentheorien lesen Sie in der
aktuellen Ausgabe des Magazins ZEIT Geschichte. Unter diesem Link können
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