Im Roman «Untertags» erfahren Herta und Jakov noch ein spätes Glück. Aber als Jakov zunehmend die Sprache verliert und nachts wiederholt einen Frauennamen flüstert, wird Herta argwöhnisch. Luzia Stettler spricht mit Urs Faes über die Angst vor dem Vergessen und die Macht von Verdrängtem.
Urs Faes ist ein Meister der Zwischentöne: immer wieder lotet er in seinen Romanen Paarbeziehungen aus, spürt den subtilen Veränderungen im Miteinander nach und findet Worte für das Nicht-Gesagte. Auch versteht er es hervorragend, literarisch die Folgen einer Krankheit erfahrbar zu machen – sei es für die Betroffenen wie auch für deren Umfeld.
Im Roman «Untertags» lernt die alleinerziehende Mutter Herta, 42, zufällig auf dem Frankfurter Flughafen den geschiedenen Amerikaner Jakov, 58, kennen, einen «zierlichen Cowboy», wie sie ihn nennt. Aus einem «coup de foudre» wird für Herta die grosse Liebe ihres Lebens; und sie wundert sich höchstens, wie wenig Jakov von früher erzählt.
Nach erfüllenden, gemeinsamen Jahren beginnt sich Jakov zu verändern: er wird immer vergesslicher. Und plötzlich scheint aus seinem Unterbewusstsein die Vergangenheit aufzustossen: eine «Virginie» dominiert seine Seele. War Herta also für ihn doch nur ein Trost im Alter? Urs Faes erzählt von Annäherung und Entfremdung und von den Mechanismen eines Hirns, das nachlässt.
Buchhinweis:
Urs Faes. Untertags. Suhrkamp, 2020.