LiteraturLesung
"Der Prozess" - Josef K. wird verleumdet... | Teil 13 von 19 Folgen
Teil 13/19 | Josef K. wird ohne Grund verhaftet, akzeptiert es aber. Er stellt sich selbst vor ein Gericht, erkennt die Autoritäten an und wird am Ende hingerichtet, nachdem er die Schuld akzeptiert hat.
Josef K. wird vor Gericht gestellt, ohne zu wissen, warum. Es muss jemand gewesen sein, der ihm die Sache untergeschoben hat, aber K. akzeptiert die Situation dennoch. Er nimmt die beiden Wächter, die ihn festnehmen wollen, als Autoritäten an. Er möchte verstehen, wie das undurchsichtige Gerichtssystem funktioniert, stellt sich selbst vor Gericht und gibt sich, ähnlich wie der Autor, einer allgemeinen Schuld schuldig. Am Ende fällt K. diesem Verfahren zum Opfer und stimmt seiner Hinrichtung zu.
Bereits eine knappe Zusammenfassung des Inhalts läuft Gefahr, eine Erzählung linear und chronologisch-nachvollziehbar zu machen, die dem Leser gegensätzliche Erfahrungen bietet, nämlich die Unauflösbarkeit von Leerstellen und die Offenheit des Sinns. Dies steht im Widerspruch zu der Entstehung des Werkes, die von einem nicht systematisch-linearen Ansatz des Autors geprägt ist. Kafka beschäftigte sich zwischen August 1914 und Januar 1915 gleichzeitig mit mehreren Kapiteln, schrieb in verschiedenen Heften und arrangierte die Textteile fortlaufend neu, ohne eine feste Reihenfolge zu bestimmen.
Ein Jahr nach Kafkas Tod im Jahr 1925 wurde bei Die Schmiede in Berlin der Roman "Der Prozess" veröffentlicht, dessen Zusammenstellung von Kafkas Freund Max Brod übernommen wurde. Mit dieser Veröffentlichung erlangte Kafka als ein Romancier von Weltruhm. Jedoch bleibt "Der Prozess" ein Fragment. Kafka hinterließ eine nicht nummerierte Handschrift, die auf 16 Konvolute verteilt war. 1997 fanden Roland Reuß und Peter Staengle einen radikalen und überzeugenden Umgang mit den Manuskripten in der historisch-kritischen Ausgabe sämtlicher Handschriften, Drucke und Typoskripte von Stroemfeld/Roter Stern: Die handschriftlichen Seiten werden mit ihrer typographischen Umschrift gegenübergestellt und die überlieferten Konvolute in separaten Heften ohne feste Reihenfolge veröffentlicht.
Die Grundlage für die BR-Hörspielproduktion ist das Konzept dieser Edition, die darauf abzielt, die Vielfalt eines Werkes transparent darzustellen, ohne es als Adaption oder Dramatisierung zu betrachten. Acht Schauspieler stellen sich den Herausforderungen dieses Projekts und interpretieren die Werke auf ihre eigene Weise. Durch die Reduktion und Konzentration der akustischen Mittel soll der einzigartige Stil und die Sprache von Kafka hörbar gemacht werden. Ähnlich wie bei den handschriftlichen Manuskripten und ihrer Buchedition spiegeln sich auch in den akustischen Interpretationen sprachliche Nuancen wider. Während die Episoden im Radio zwangsläufig linear angeordnet sind, gibt der vollständige 16-teilige Podcast, ähnlich wie die historisch-kritische Ausgabe, keine klare Reihenfolge vor.
Zum Autor
Franz Kafka, geboren im Jahr 1883 in Prag, war ein bedeutender Schriftsteller jüdischer Abstammung. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften arbeitete er als Beamter und begann erfolgreich literarische Werke zu veröffentlichen. Seine Erzählungen wie "Die Verwandlung" und "Der Prozess" sind bis heute bekannte Meisterwerke der Weltliteratur. 1914 verlobte er sich mit Felice Bauer, löste die Verlobung jedoch nur sechs Wochen später wieder auf. In den folgenden Jahren veröffentlichte er Werke wie "Der Prozess" und "In der Strafkolonie". Im Jahr 1917 kam es zu einer erneuten Verlobung und Entlobung mit Felice Bauer. Zudem erkrankte Kafka an Tuberkulose. Im Jahr 1919 verfasste er einen nie abgeschickten Brief an seinen Vater. Ab 1922 begann er mit der Arbeit an "Das Schloß" und schrieb auch "Ein Hungerkünstler". Aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme ging er frühzeitig in den Ruhestand. Am 3. Juni 1924 verstarb Kafka in Klosterneuburg-Kierling, Österreich.