"Die Bibliothek des Attentäters" von Franz Maria Sonner

Der Grund für das zurückgezogene Leben des Journalisten Jakob Amon ist selbst denjenigen unbekannt, die ihn näher kennen. Im Gegensatz dazu hat Konrad Bärloch, ehemals Chef einer Antiterror-Einheit, seine Abgeschiedenheit aus einem konkreten Anlass gewählt: Nach seiner Entlassung lebt er aus Sicherheitsgründen in einer Kaserne der Bundeswehr. Dennoch ist er besessen davon, alles über die RAF zu erfahren, ähnlich wie Amon.

Als die RAF 1998 ihre Auflösung verkündet, empfinden Amon und Bärloch ähnliche Emotionen: Eine Ära endet, und beide sehen die Chance, ihr Leben neu zu gestalten. Doch ein ungelöster Fall, der mehr als zwei Jahrzehnte zurückliegt und sich von anderen terroristischen Akten unterscheidet, bleibt bestehen: das Attentat auf den Industriellen Karmann. Bärlochs ehemaliger Assistent, Hauptkommissar Brill, beginnt auf eigene Faust erneut zu ermitteln, was zu einem weiteren Mord führt. In diesem fein gesponnenen Hörspiel geraten Täter und Ermittler in eine gefährliche Nähe.

Martina Boette-Sonners Inszenierung kombiniert die packende Krimihandlung mit einer tiefgehenden Betrachtung von Moral und Gewalt. Anstatt sich mit der umfassenden Aufarbeitung der RAF-Vergangenheit zu beschäftigen, legt Sonner den Fokus auf seine Protagonisten. Amon und Bärloch: zwei Charaktere, die ein Spiel miteinander treiben, das eher an Maus und Maus erinnert, angesichts ihrer Ohnmacht gegenüber den Strukturen der Gesellschaft ...

Zum Autor

Der 1953 geborene Franz-Maria Sonner ist in München beheimatet. Als Schriftsteller schreibt er Romane, Erzählungen, Hörspiele und macht BEarbeitungen, darunter "Der Galgenvogel" (BR 1988).