Der "Roman eines Schicksalslosen" befasst sich mit der Deportation eines Jungen.
Der "Roman eines Schicksalslosen" befasst sich mit der Deportation eines Jungen. © Rudolf Breslauer / Wikimedia Commons / Public domain

Kultur & Gesellschaft

Imre Kertész' Tagebuch zum "Roman eines Schicksallosen"

Imre Kertész‘ „Roman eines Schicksallosen“ über die Deportation eines Jungen nach Auschwitz schockiert bis heute. Dieses Meisterwerk brachte dem Ungarn 2002 den Literaturnobelpreis. Sein im Archiv gefundenes "Arbeitstagebuch" offenbart den Entstehungsprozess des Romans. 

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Ende der 1950er-Jahre schreibt Imre Kertész, der am 9. November 95 Jahre alt geworden wäre, in Budapest Texte für musikalische Komödien. Diese fallen ihm leicht und sind erfolgreich, doch er verachtet seine Arbeit: Sie sei dem "Anpassungszwang" geschuldet. Das Romanprojekt "Ich, der Henker", die Geständnisse eines Nazi-Verbrechers, macht hingegen seit Jahren keine Fortschritte. 

Mit 29 Jahren, im November 1958, entscheidet sich der Überlebende von Auschwitz und Buchenwald zu einer „nüchternen Selbstprüfung“. Entstanden ist das erste seiner Tagebücher, 44 dicht beschriebene Seiten, die im Nachlass des 2016 Verstorbenen entdeckt wurden: "Heimweh nach dem Tod2. Nach dem Untertitel ist es ein "Arbeitstagebuch zur Entstehung des 'Romans eines Schicksalslosen'", mit dem Kertész 1996 auf einen Schlag berühmt wurde. 

Die Geschichte des 14-jährigen György, der nach Auschwitz deportiert wird und das Vernichtungslager zu verstehen versucht, revolutionierte die Wahrnehmung des Holocaust. "Alles war in Bewegung", bemerkt György die Selektion der Ankömmlinge, also auch seiner selbst, "alles funktionierte, jeder war an seinem Platz und tat das Seine, präzise, gelassen, wie geschmiert." Die Erzähltechnik für den Roman, "meine eigene Mythologie", entwickelte Kertész im Dialog mit Thomas Mann und Albert Camus. Als das Jahrhundertwerk nach über zehn Jahren Arbeit 1975 in Ungarn publiziert wird, bekam es keinerlei Beachtung. Erst in den 1990er-Jahren und über den Umweg des Landes, das ihn einst zerstören wollte, sollte Kertész bekannt werden. 2002 erhielt er den Literaturnobelpreis, den er als "Glückskatastrophe" deklarierte.

Imre Kertész' Tagebuch zum "Roman eines Schicksallosen" im Überblick

Sendezeit So, 10.11.2024 | 22:03 - 23:00 Uhr
Sendung Deutschlandfunk Kultur "Literatur"
Radiosendung