In darkness let me dwell – Lieder aus der Finsternis

Am 22. Juli gab es nachts einen Vorfall mit Orcas im Weddellmeer. Man hörte Seeleoparden, Krabbenfresserrobben und die abwärts gerichteten "Chirps" der Weddellrobben. Plötzlich war in der Ferne das feine, hohe Klicken mehrerer Orcas zu vernehmen, die mit Echoortung Beute jagten. Schließlich zielte ein Orca auf eines unserer Mikrofone. Ich war hellwach. 

Wir befinden uns in der Antarktis, wo das Alfred-Wegener-Institut vier Unterwassermikrofone betreibt, die kontinuierlich die Geräusche des Weddellmeers aufzeichnen. In der Nähe der PALAOA-Station scheiterte vor einem Jahrhundert die Trans-Antarktis-Expedition von Sir Ernest Shackleton. Er wollte den antarktischen Kontinent mit einem Schlitten durchqueren, doch sein Schiff, die "Endurance", wurde vom Packeis demoliert, bevor er anlanden konnte.  Im Winter 2016 unternimmt das Forschungsschiff "Polarstern" erneut eine Reise in die Antarktis. 

Basierend auf den Unterwasseraufnahmen kombinieren die Künstler von Merzouga die Fiktion einer zeitgenössischen Expedition mit Shackletons Erlebnissen und schaffen dabei eine elektro-akustische Komposition. An der Schnittstelle von Wasser, Eis und Luft verschwimmen die Grenzen der Genres. Hörspiel und Klangkunst, Historie und Gegenwart, Wissenschaft und moderne Musik vermischen sich. Die Zuhörer tauchen ein in die faszinierende Klangwelt unter Wasser, die tief im Dunkel unter dem Eis verborgen ist.

Zum Autor

Das Duo Merzouga, bestehend aus Janko Hanushevsky und Eva Pöpplein, sind Produzenten von Radiosendungen und radiophone Klangkunst wie das Hörspiel "Logbuch der Gegenwart" (Deutschlandfunk 2022). Für ihre Arbeit erhielten sie eine Vielzahl an Auszeichnungen, darunter den Grand Prix Nova. Nina Hellenkemper ist Radiofeature- und Hörspiel-Macherin, spielt Theater und führt Regie.