Rechnitz - Nach dem Theaterstück "Der Würgeengel" von Elfriede Jelinek

Im März 1945 ereignete sich auf dem Schloss Rechnitz ein grausames Massaker, orchestriert von eingeladenen Nationalsozialisten, die ohne erkennbaren Grund fast 200 Personen ermordeten. In Elfriede Jelineks Stück sollen Botschafter dieses Verbrechen enthüllen, verheddern sich jedoch in widersprüchlichen Aussagen und reden sich um Kopf und Kragen.

"Diese Leute sind noch imstande zu gehen, wenn auch nicht mehr lange. Sie haben das Glück, sich nicht stundenlang vor der düsteren Kammer in die Reihe stellen zu müssen." In der Nacht des 25. März 1945 richtet Gräfin Margit von Batthyány, eine Nachfahrin der Thyssen-Familie, auf ihrem Schloss in Rechnitz eine Feier für führende Nazis aus. Ungefähr eine Stunde vor Mitternacht verlässt ein Dutzend betrunkener Gäste die Veranstaltung für weniger als zwei Stunden, um rund 200 jüdische Zwangsarbeiter zusammenzupferchen und hinzurichten. In einer Art modernen Adaption der antiken Theaterszenen setzt Jelinek Boten ein, die über diese unterdrückten Ereignisse berichten sollten. Doch ständig geraten sie in widersprüchliche Aussagen, stottern, verlieren die Orientierung, schweifen ab und versuchen sich herauszureden – es entsteht ein schweigendes Zeugnis, das von Jelinek mit sprachlicher Genauigkeit eingefangen wird.

Zum Autor

Die 1946 in der Steiermark geborene Elfriede Jelinek ist Autorin von Romanen, Lyrik, Bühnendramen, Opernlibretti, Filmskripten und Hörsendungen. Sie ist vielfach ausgezeichnet, darunter der Mülheimer Dramatikerpreis, der Nobelpreis für Literatur (2004), der "Faust"-Theaterpreis (2017) und der Nestroy-Theaterpreis (2021). Ihre letzte Arbeit für Deutschlandradio und den Bayerischen Rundfunk war der Hörspiel-Mehrteiler "Wirtschaftskomödie. Die Kontrakte des Kaufmanns" (2015).