Im zweiten Teil unseres Gesprächs mit Axel Petermann geht es um die Arbeitsweise eines Fallanalytikers und Cold Cases. Während in den 1990er-Jahren das Profiling in den USA längst etabliert war, war dieser Bereich der Kriminalistik in Deutschland noch Neuland. Axel Petermann aber beschäftigte sich seit jeher mit den FBI-Methoden des Profilings. 1999 begann er mit dem Aufbau der Dienststelle Operative Fallanalyse, deren Leiter er bis zu seiner Pensionierung 2014 war. Ursprünglich wurde die Dienststelle vor allem mit dem thematischen Schwerpunkt der Aufklärung sog. Cold Cases geschaffen. Das Geheimnis der Aufklärung einer Tat liegt in der in der Arbeit „auf der Spur“, also der genausten Interpretation und kritischen Auseinandersetzung mit den Spuren an einem Tatort. Besonders wichtig für Axel ist es auch heute noch, an den Tatort zurückzukehren, egal wie lang die Tat zurückliegt und egal wo - ob Ägypten oder München. Nur so kann er sich ein Bild über das mutmaßliche Geschehens machen, den Gesamtvorgang rekonstruieren und die Opfer und Täterpersönlichkeit analysieren. Axel erklärt uns, welche Fragen und Arbeitsschritte bei einer Fallrekonstruktion essentiell sind, und wie er gelernt hat, die Spuren an einem Tatort zu lesen, sodass letztlich aus dem Motiv und dem rekonstruierten Vorgang ein Täterprofil erstellt werden kann. Weiter geht es darum, wie sich die Arbeit eines Fallanalytikers von der eines klassischen Ermittlers unterscheidet, warum die Zusammenarbeit gerade bei Fällen, die große mediale Aufmerksamkeit haben, oftmals nicht reibungslos verläuft, und wie sich die Taten in den letzten Jahrzehnten verändert haben. Einige Cold Cases lassen Axel bis heute nicht los. In seinem neuen Buch „Im Auftrag der Toten“ zeigt er anhand einiger Cold Cases, warum gängige Ermittlungsmethoden nicht immer der Schlüssel zum Erfolg sind, und warum eine DNA-Spur an einem Tatort keine Garantie zur Überführung eines Täters ist. Besonders beschäftigt Axe noch immerl der sog. „Parkhaus-Mord“ aus München, bei dem am 15. Mai 2006 die Millionärin Charlotte Böhringer in ihrer Wohnung erschlagen wurde. 2008 wurde ihr Neffe zu lebenslanger Haft verurteilt. Sein Motiv soll die Sicherung des Erbes gewesen sein. Damit ist dieser Fall eigentlich kein „Cold Case“, denn der Indizienprozess ist längst abgeschlossen und der Täter verurteilt. Doch einige Aspekte lassen Axel an der Täterschaft des Neffen zweifeln. Für ihn gibt es zu viele Widersprüche und Pannen bei der Ermittlungsarbeit, die er mit uns und in seinem neuen Buch analysiert.