Immer mehr Menschen fühlen sich vom Staat gegängelt, gar entmündigt. Und zwar in Gesellschaften, die noch nie so viel Selbstbestimmung ermöglichten wie heute. Warum das so ist und weshalb diese Entwicklung unsere Demokratien gefährdet, erklären die Soziologen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey.
Sie protestieren als mündige Bürger – und vertreten krude Verschwörungstheorien. Sie wehren sich gegen staatliche Bevormundung – und sympathisieren dabei mit Demokratiefeinden wie Wladimir Putin. Sie meditieren und bevorzugen alternative Heilmethoden – und zeigen sich offen für fremdenfeindliche Diskurse. Was scheinbar nicht zusammenpasst, ergibt in den Augen von Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey nur gefährlich guten Sinn. Denn auf den Spuren von Theodor W. Adorno und Marx Horkheimer analysiert das Autorenpaar in seinem aktuellen Buch «Gekränkte Freiheit – Aspekte eines libertären Autoritarismus» einen neuen Protesttypus, dessen ständig steigende Unzufriedenheit mit «dem System» die westlichen Demokratien zunehmend herausfordert, gar von innen heraus gefährdet. Weder links noch rechts, weder konservativ noch progressiv, gibt es für diese Menschen vor allem eine Instanz, nach der sie sich richten: ihr eigenes Ego, dessen Freiheitsehnsüchte und mutmaßlich natürlichen Privilegien.
Wolfram Eilenberger spricht mit den Autoren über ein Phänomen, dessen richtige Deutung über die Zukunft unserer offenen Gesellschaften entscheiden mag.