Im Roman «Die Eroberung Amerikas» begibt sich Franzobel auf die Spuren des erfolglosesten Konquistadors überhaupt: Hernando de Soto, dessen Florida-Expedition ein einziges Debakel war. Ein Gespräch mit dem österreichischen Autor über europäische Eroberung, indigenes Leid und deren Folgen.
Am Schluss bleibt nur noch Depression. Der spanische Eroberer Hernando de Soto sitzt in seinem Zelt am Mississippi und versinkt in Eifersucht wegen einer Frau, die er nie geliebt hat. Seine Mannschaft, einst achthundert gut ausgerüsteter spanischer Haudegen, ist auf ein Viertel geschrumpft, und das, was davon übrig ist, befindet sich in erbärmlichem Zustand. Kaiser Karl des Fünften Florida-Expedition, dessen Anführer der stolze und mächtige Hernando de Soto gewesen und dessen Ziel das legendäre Eldorado gewesen ist, ist gescheitert. Zurück bleibt eine Spur der Verwüstung und die Leichen unzähliger indigener Menschen im Gebiet der heutigen Südstaaten.
Auf 550 Seiten erzählt der österreichische Schriftsteller Franzobel vom Scheitern de Sotos und von der Epoche des 16. Jahrhunderts, die er als die brutalste und blutigste überhaupt betrachtet. Er verbindet die Zeit der Eroberungen mit der heutigen Zeit, indem er einen Erzählstil entwickelt, der immer vom Heute ausgeht. Und er wandelt dabei auf dem schmalen Grat zwischen beissendem Humor und abgrundtiefen Entsetzen über eine Brutalität und Menschenverachtung, die in der langen und blutigen Menschheitsgeschichte seinesgleichen sucht.
Buchhinweis:
Franzobel. Die Eroberung Amerikas. Zsolnay Verlag, 2021.