Wir stecken in einer globalen Biodiversitäts-Krise. Diese Tatsache scheint durch den Fokus auf das natürlich ebenfalls kritische Thema des Klimawandels etwas aus dem Blick zu geraten.
In dieser Episode führe ich ein Gespräch mit Prof. Franz Essl, Ökologe (und Biodiversitätsforscher) an der Universität Wien:
Zunächst steht Biodiversität selbst im Zentrum des Gespräches: was versteht man darunter, wie hat sich dieser Begriff entwickelt.
Aus der letzten Frage heraus ergibt sich ein zweites wesentliches Themenfeld: Biodiversität steht in komplexer Interaktion mit anderen globalen Phänomenen und Problemen wie der Klimakrise, Wissenschaft, Landnutzung, Landwirtschaft und vielen anderen.
Damit kommen wir zu grundsätzlichere systemische Fragen in natürlichen Systemen und warum diese besondere und sehr schwierig handzuhabende Eigenschaften, wie z.B. Tipping Points und zeigen.
Am Ende diskutieren wir ethische Aspekte und im besonderen die Frage der Verantwortung von Wissenschaft und Wissenschaftern, beziehungsweise die Rolle jedes Einzelnen im Umgang mit derartig existentiellen Fragen unserer Zeit.
Dieses Gespräch ist auch darum von großem Interesse für mich, weil es zahlreiche Anknüpfungspunkte zu Themen früherer Episoden gibt, die durch die Expertise von Prof. Essl erweitert und vertieft werden können. Dazu zählen:
Episode 10: Der Begriff der Komplexität, Denken in Systemen, komplexe Ursachen und Wirkungszusammenhänge, Skaleneffekte
Episode 3: Das Ozonloch als ein anderes prominentes Beispiel unerwarteter Konsequenzen, wenn wir in großem Ausmaß mit den globalen Systemen interagieren, aber auch eines, wo wir vergleichsweise schnell zu politischen und ökonomischen Handlungsoptionen gelangt sind.
Episode 7, 8: Wird »alles« besser, wie manche Autoren heute behaupten, oder laufen wir in kaum mehr kontrollierbare existentielle Risiken?
Episode 21: Nicht zuletzt möchte ich auf die unmittelbar vorherige Episode #21 hinweisen. In dieser Episode beschäftige ich mich mit der Frage des Naturbegriffes und der Rolle des Menschen in der Natur
Referenzen
Prof. Franz Essl, Univ. Wien
Univ. Wien. Conservation Biology, Vegetation Ecology and Landscape Ecology
Video: »Die Menschheit steht an einem Wendepunkt«, Medienportal der Univ. Wien, Video
Biodiversitätsrat Österreich
Frühere Episoden:
Episode 3: Das Ozonloch, oder: unerwartete Konsequenzen
Episode 7: Alles wird besser... oder nicht? Teil 1
Episode 8: Alles wird besser... oder nicht? Teil 2
Episode 10: Komplizierte Komplexität
Episode 21: Der Begriff der Natur
Weitere Referenzen
Alexandra Occasio-Cortez asks former Exxon Scientists on climate change denial (YouTube Video)

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Woher kommen wir, wo stehen wir und wie finden wir unsere Zukunft wieder?
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Folge vom 02.04.2020022 – Biodiversität und komplexe Wechselwirkungen – Gespräch mit Prof. Franz Essl
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Folge vom 16.03.2020021 – Der Begriff der Natur – oder: Leben im AnthropozänIch möchte mit dieser Episode anregen – vielleicht auch ein wenig provozierend – über Begriffe nachzudenken: Natur Umwelt Umweltschutz Umwelt und Wirtschaft Anthropozän In welcher Form wir diese Begriffe interpretieren, stellt sich als fundamentale Weichenstellung heraus, wie wir mit unserer Zukunft umgehen. »Ich habe mich oft gefragt: 'Was sagte der letzte Bewohner der Osterinsel, der gerade dabei war, die letzte Palme zu fällen?' Schrie er wie moderne Holzfäller: 'Wir brauchen keine Bäume, sondern Arbeitsplätze!'? Oder sagte er: 'Die Technik wird unsere Probleme schon lösen, keine Angst, wir werden einen Ersatz für das Holz finden'? Oder vielleicht: 'Wir haben keinen Beweis, dass es nicht an anderen Stellen auf der Osterinsel noch Palmen gibt, wir brauchen mehr Forschung, der Vorschlag, das Abholzen zu verbieten, ist voreilig und reine Angstmacherei'?«, Jared Diamond Es macht auf sehr anschauliche Weise deutlich, wie sehr wir als Individuen auf die Probleme fokussiert sein können, die aus unserem Job, unserer Rolle in der Gesellschaft oder Wirtschaft entspringen. So fokussiert, dass wir völlig übersehen, dass wir durch den immer angestrengteren Versuch, unser Unternehmen, unsere Familie, unseren Staat aufrecht zu erhalten gerade die dafür notwendigen Fundamente zerstören. In dieser Episode werden wir von Alexander von Humboldt hören: »Alles ist Wechselwirkung« und über das Verhältnis von Wirtschaft und Natur: »Naturmenschen und Menschen früher Zivilisationen lebten in der Vorstellung einer geradezu grenzenlosen Fläche. [...] Es gab immer einen anderen Platz, den man aufsuchen konnte, wenn die Dinge zu schwierig wurden; entweder weil die Umwelt oder die sozialen Strukturen im bisherigen Lebensraum zerstört wurden. […] Besonders Ökonomen sind größtenteils gescheitert mit den Konsequenzen dieses Übergangs von einer offenen zu einer geschlossenen Welt zurechtzukommen.«, Kenneth Boulding Was ist dieses – von Boulding, McLuhan und anderen eingeführte – »Spaceship Earth« (Raumschiff Erde), und wie kann es uns diese Idee weiterhelfen? Die Erde photographiert von der Apollo 8 Mission (1968) Dann ist der Begriff der »Umwelt« an der Reihe. Macht dieser Begriff (und die traditionelle Umweltbewegung) heute überhaupt noch Sinn, oder verstellte er den Blick auf die Tatsache, dass wir in ein neues Erdzeitalter, das Anthropozän eingetreten sind und damit völlig neu über unser Verhältnis zur Welt nachzudenken haben? »Wir waren immer verrückt, aber wir hatten nicht die Fähigkeiten die Welt zu zerstören. Jetzt haben wir sie.«, Nassim Taleb Was wir angerichtet haben, fällt auf uns zurück. Niemand wird uns dabei helfen. »Die Natur ist nicht länger am Steuer des Planeten, wir sind es. Es liegt in unserer Hand, was passieren wird.«, Mark Lynas Was folgt aus dieser Aussage? Zunächst die Erkenntnis, dass ich in dieser Episode viele Türen öffne, viele Fragen aufwerfe und hoffe, zum Nachdenken und zur Diskussion anzuregen. In späteren Folgen, werde ich versuchen, verschiedene dieser Themen wieder aufzunehmen, auch in Gesprächen mit Gästen. Referenzen Jared Diamond, Kollaps, Warum Gesellschaften überleben oder untergehen, Fischer (2012) Andrea Wulf, Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur, C. Bertelsmann (2016) Kenneth E. Boulding, The Economics of the Coming Spaceship Earth; In H. Jarrett (ed.) 1966. Environmental Quality in a Growing Economy, pp. 3-14. Baltimore, MD: Resources for the Future/Johns Hopkins University Press. US Botschafter Adlai Stevenson bei einer UN-Ansprache im Jahr 1965 {Chris C. Park, The Environment, Psychology Press (2001)} Buckminster Fuller, Operating Manual for Spaceship Earth Club of Rom 1972: Grenzen des Wachstums The Anthropocene is functionally and stratigraphically distinct from the Holocene, Colin N. Waters et al., 8. Jan 2016 Nassim Taleb, Skin in the Game, Penguin (2018) Klaus Kornwachs, Philosophie der Technik, C.H.Beck Wissen (2013) Lars Fischer, Geoengineering – haben wir überhaupt noch eine Wahl?, SciLogs (2010) Mark Lynas, The God Species: How Humand Really Can Save the Planet
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Folge vom 02.03.2020020 – Offene Systeme – Teil 2: Gespräch mit Lukas Lang und Christoph DerndorferDies ist der zweite, und wichtigere Teil zum Thema »Offene vs. geschlossene Systeme« und deren Auswirkungen auf Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Ich formuliere zunächst die These, dass wir in einer Zeit leben, wo versucht wird, wirtschaftliche und politische Macht auch durch Daten und geschlossene Systeme zu erreichen. Daraus könnte der Schluss folgen, dass wir zahlreiche dieser Probleme durch offene Systeme (Software, Daten, Hardware, Transparenz) lösen können. Stimmt das? Im Gespräch mit Christoph Derndorfer und Lukas lang diskutieren wir Themen wie: Offenheit in der Wissenschaft: steckt die Wissenschaft in einer Krise mangelnder Reproduzierbarkeit? Open Source Open Data Open Hardware Sind Algorithmen »neutral« und »apolitisch«? Hilft Transparenz dem politischen Prozess? Gibt es konkrete ökonomische Vorteile offene Systeme einzusetzen? Verstehen wir überhaupt noch, wie die Systeme, die wesentliche Bereiche unserer Gesellschaft steuern, funktionieren? Was ist hier die geopolitische Dimension? Und zum Abschluss stelle ich die Frage (aus dem Vortrag von Hannah Fry »ausgeborgt«): Angenommen, ein Bekannter von Euch steht vor Gericht: wäre es euch lieber, das Urteil wird von einem menschlichen Richter oder einem Algorithmus (»KI«) gesprochen? Wie würden Sie entscheiden? Referenzen Lukas Lang persönliche Website: https://lukaslang.github.io Twitter: https://twitter.com/lukaslang Christoph Derndorfer persönliche Website: https://derndorfer.eu/ Twitter: https://www.twitter.com/random_musings Fachliche Referenzen Teil 1 dieses Themas: siehe Episode 19 Website der LVA "Free and Open Technologies" Studie zur Reproduzierbarkeit in der Informatik: Collberg, C. et al (2014), “Measuring Reproducibility in Computer Systems Research” Adressdaten-Beispiel aus Dänemark: GovLab (2016), "Denmark's Open Address Data Set" Facebook und das »Oversight Bord« Hannah Fry, Should Computers Run the World? Byung Chul-Han, Im Schwarm Lawrence Lessig, Against Transparency Online Kurs »Elements of AI«