Die Kritik an Israel wird immer schärfer – und gleichzeitig kommt
Dynamik in den Konflikt in und um Gaza. Während sich mittlerweile fast
die gesamte Weltgemeinschaft gegen das schonungslose Vorgehen der
israelischen Armee im Gazastreifen stellt und der Regierung von Benjamin
Netanjahu Völkermord vorwirft, sind dort neue Entwicklungen zu
beobachten, die zum Teil widersprüchlich verlaufen. Einerseits hat
Israel einen Großteil seiner Truppen aus dem Süden Gazas abgezogen,
anderseits erwarten Experten eine Großoffensive auf die letzte Hochburg
der Hamas, die Grenzstadt Rafah. Hoffnungsvollen Berichten über einen
bevorstehenden Deal in der Geiselfrage stehen Befürchtungen gegenüber,
der Iran könne infolge des Anschlags auf seine Botschaft in Syrien
militärisch in den Konflikt eingreifen. Steht die Region also vor einer
Wende im Gaza-Krieg hin zum Besseren – oder vor einer Eskalation? Und
welche Rolle spielt in dieser Lage eigentlich Israels (Noch-)Premier
Netanjahu?
In der neuen Folge von Das Politikteil sprechen Ileana Grabitz und Peter
Dausend mit dem Israel-Korrespondenten der ZEIT, Jan Roß, über die
hochdynamische Situation rund um den Gazastreifen und in der
israelischen Regierung. Roß berichtet zunächst über den Alltag in einer
Ausnahmesituation – und wird dann politisch. Mit dem Anschlag auf die
iranische Botschaft, so analysiert er, wolle Israel die Botschaft
aussenden, dass es nicht nur "die Subunternehmer des Terrors" ins Visier
nehme, sondern auch die Zentrale. Roß sieht Premier Netanjahu – unter
dem Druck der USA – auf eine neue Kriegsstrategie einschwenken,
erläutert, warum er das Bild von Israel als einem gespaltenen Land mit
einer gespaltenen Gesellschaft nicht teilt, und erklärt, warum man den
Begriff "Sieg" nicht verwenden sollte. Von Netanjahu zeichnet Roß ein
differenziertes Bild. Ihn als "israelischen Trump" zu bezeichnen, werde
ihm intellektuell keineswegs gerecht, im Kern sei Israels umstrittener
Premier eher ein "Zögerer und Zauderer" und nicht der Bulldozer, als der
er oft beschrieben werde. "Mehr Clinton als Trump." Zum Schluss
beschreibt Roß noch, das größte Defizit in der Debatte um die Zukunft
des Gazastreifens – und verrät, was ihm trotz allem Hoffnung macht.
Jan Roß, Jahrgang 1965, war Feuilletonredakteur bei der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung sowie der Berliner Zeitung, bevor er vor mehr als 20
Jahren zur ZEIT wechselte – und damit auch zur Politik. Zwischen 2013
und 2018 berichtete er als Korrespondent aus Indien. Roß, Autor mehrere
Bücher, reist regelmäßig nach Israel und beschreibt die politische und
gesellschaftliche Entwicklung dort.
Im Podcast Das Politikteil sprechen wir jede Woche über das, was Politik
beschäftigt, erklären die Hintergründe, diskutieren die Zusammenhänge.
Immer freitags mit zwei Moderatoren, einem Gast – und einem Geräusch. Im
Wechsel sind als Gastgeber Tina Hildebrandt und Heinrich Wefing oder
Ileana Grabitz und Peter Dausend zu hören.
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