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Zukunft Denken – Podcast

Woher kommen wir, wo stehen wir und wie finden wir unsere Zukunft wieder?

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Folgen von Zukunft Denken – Podcast

112 Folgen
  • Folge vom 27.07.2022
    060 — Wissenschaft und Umwelt — Teil 2
    Shownotes siehe Teil 1.
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  • Folge vom 07.07.2022
    059 — Wissenschaft und Umwelt — Teil 1
    Schon vor ca. 20 Jahren habe ich Vorträge und Seminare zum Thema Wissenschaft und Umwelt gehalten. Vieles von dem, was ich damals gesagt habe, hat sich bis heute (leider) bestätigt. Diese Episode ist so etwas wie ein Frühjahrsputz für mich: Wie steht die Einordnung der verschiedenen Ideen und Ansätze der Umweltbewegungen mit-, gegen- und zueinander? Wie steht es zwischen Theorie, Ideologie und Praxis? Werten und Aktivität? Welche Rolle spielt Wissenschaft? Wo sehen wir begriffliche Verwirrungen? Wie finden wir den Weg von, aber auch der Spalt zwischen Ethik und Praxis? Diese Episode wird die Themen keinesfalls abdecken, ich sehe es eher als ein Aufwerfen von Bällen, die zum Teil in früheren Episoden, zum Teil in späteren Episoden wieder aufgefangen und genauer betrachtet wurden oder werden sollten. Welche Ansätze und Ideologien gibt es in der Umweltbewegung? 1. De-Growth (Wachstumskritik) Wachstumskritik hat eine lange und wechselhafte Tradition, die wenigstens auf Thomas Robert Malthus um 1800 zurückgeht und immer wieder neu interpretiert wurde und wird. Eine moderne Definition der Ziele  ist: »Gerechtes Herunterskalieren von Produktion und Konsum, der das menschliche Wohlbefinden und die ökologischen Bedingungen verbessert« Wir finden in dieser Gruppe leider aber auch eine nicht zu geringe Zahl an Extremisten, denen auch die radikale Reduktion der Menschheit wünschenswert erscheint um das Ziel zu erreichen, etwa: »Until such time as Homo sapiens should decide to rejoin nature, some of us can only hope for the right virus to come along.«, David Gräber 2. »Business as Usual« Wenn wir ehrlich sind, interessiert das Thema Umwelt im Alltag immer noch fast niemanden, jedenfalls dann nicht, wenn es über das Ausrollen von Wohlfühltechnologien und -ideen geht, die dem Einzelnen (scheinbar) wenig Kosten verursachen aber ein gutes Gefühl geben, etwas geleistet zu haben: »Das Ausrollen von ineffektiven Wohlfühl-Technologien ist dreifach schlecht — abgesehen vom offensichtlichen, dass sie ineffektiv sind, führt es auch dazu, dass der Druck nachlässt etwas wirkungsvolles zu tun, weil ja gehandelt wird, und vielleicht das schlimmste: es lenkt mögliche Ressourcen weg von wichtigeren Bedürfnissen.«, Steven Koonin 3. Eco-Modernismus Dder mittlerweile 101 jährige James Lovelock in seinem letzten Buch Novacen: »Das Bestreben nach einer besseren Zeit vor dem Anthropozän ist eine Phantasie. Zunächst einmal, weil es nie eine goldene Zeit frei von Wünschen und Leid gab und zweitens, weil wir, um dorthin zurück zu gelangen, die offensichtlichen Vorteile der Moderne rückgängig machen müssten« Beim Eco-Modernismus steht der Mensch im Zentrum der Veränderung aber auch der Verantwortung; Reduktion des menschlichen Einflusses auf die Natur durch Entkopplung, Intensivierung und Innovation sind der Anspruch: »Intensivierung vieler menschlicher Tätigkeiten — im besonderen Landwirtschaft, Energiegewinnung, Forstwirtschaft und Siedlung — mit dem Ziel, weniger Land zu nutzen und weniger in die natürlichen Welt einzugreifen ist der Schlüssel, menschliche Entwicklung von den negativen Einflüssen auf die Umwelt zu entkoppeln« Eco-Modernisten lehnen radikale Wachstumskritik ab. Selbst Jorgen Randers, der Mitautor der »Grenzen des Wachstums« von 1972, schreibt vor wenigen Jahren: »Der fundamentale Grund, warum die meisten Menschen Wachstum bevorzugen ist, dass es der einzige Weg ist, den moderne Gesellschaften gefunden haben um drei Probleme effektiv zu lösen: Armut, Arbeitslosigkeit und Pensionen« Aber können wir glauben, dass wir die Herausforderungen der Zeit alleine mit Technik und Wachstum lösen können? Wie lange kann das gut gehen? 4. Singularisten/Eskapisten & Post-Humanisten Die Insel oder das Landgut in Neuseeland reicht für viele Milliardäre nicht mehr aus, um sich vor den Katastrophen der Welt zu verstecken. Heute muss es der Mars, Raumstationen oder gar das Verlassen des Sonnensystems sein. Jedenfalls ist das die Vision einiger Vertreter einflussreicher US-Eliten. Sollte das doch nicht klappen, können wir uns ja in Computer hochladen und virtuell weiterleben. Oder übergeben wir als Menschen gar den Stab an intelligente Maschinen? Wer glaubt an diese Phantasien, beziehungsweise hält sie für eine wünschenswerte Zukunft? *** Im zweiten Teil dieser Episode stelle ich die Frage, was Philosophie und Ethik zu diesem Themenbereich zu sagen hat? Wer steht eigentlich im Zentrum der Betrachtung, Mensch oder Natur? Sollten wir Deep oder Shallow Ecology betreiben? Wem sollen wir folgen, Deontologen oder Utilitaristen und was ist von der »PAT« Formel zu halten? Haben die Wachstumskritiker bisher mit ihren Vorhersagen recht behalten, und selbst wenn nicht — was bedeutet dies für die Zukunft? Außerdem: nicht nur die Interessen westlicher Industrienationen zählen: »Diese verschiedenen Ansätze haben ein gemeinsames Design, das ökonomische Ziel, die Kosten des Klima-Aktivismus zu sozialisieren und die Armen die Rechnung für die Reichen zahlen zu lassen.« und »Die Weiterführung globaler Armut und niedriger Einkommen kann nicht die Klima-Strategie der reichen Welt sein.«, Samir Saran Welche Rolle spielt Ideologie und wie ist die Lücke zwischen Ideologie, Wissenschaft und tatsächlicher Umsetzung zu überbrücken. Gerade unter Aktivisten erleben wir oft ein hohes Maß an Motivation, Kritik an Missständen aber nur sehr selten kohärente und realistische Ideen, wie die Situation verbessert werden kann.  »Es zeigt sich, dass in den fortgeschrittensten Phasen der Idiotie der Ideenmangel mit Ideologieüberschuss kompensiert wird.«, Carlos Ruiz Zafon, eine Figur in Das Spiel der Engel Oftmals scheint die Medizin des Aktivismus schlimmere Folgen zu haben als die Krankheit — helfen uns die zahlreichen NGOs also, das Problem zu lösen, oder richten sie oftmals mehr Schaden als Nutzen an? »Tausende Kuhhörner, vergraben auf einem Acker, sollen für eine gute Ernte sorgen. Für Demeter-Landwirte ein gängiges Ritual. Ein Verband zwischen Biolandwirtschaft und Esoterik.«, ZDF-Bericht zur Bio-Landwirtschaft zwischen Ökologie und Esoterik Dass es nicht nur um nutzlose Esoterik geht, sondern dass inkohärente Öko-Ideen auch massive Schäden anrichten können, zeigt der radikale Versuch in Sri Lanka auf eine vermeintlich grüne Landwirtschaft umzusteigen: »Die Befürworter von Bio-Landbau, überzeugt von naturalistischen Fehlschlüssen und argwöhnisch über moderne landwirtschaftliche Forschung, können keine plausible Lösung anbieten. Was sie anbieten, wie das Disaster in Sri Lanka offen gelegt hat, ist Elend.«, Ted Nordhaus Das Experiment in Sri Lanka wurde nach wenigen Monaten beendet, weil die Folgen verheerend waren.  Ein anderes Beispiel: Greenpeace protestiert zur gleichen Zeit in England gegen ein Solarkraftwerk und in Frankreich gegen Kernkraft. Wer kann das rational nachvollziehen und unterstützen? Wenig hinterfragte Ideologisierung finden wir aber auf allen Seiten. Wie kommen wir aus diesem Patt heraus? Kann es gelingen, die vernünftigen Ideen aller Seiten zusammenführen und die wenig hilfreichen (aber lauten) Vertreter beider Seiten zu ignorieren? Es gibt gute Beispiele von Aktivisten, die tatsächlich zuhören und ihre Meinung ändern, wenn sie von besseren Argumenten überzeugt werden, wie auch Episode 46 mit der Aktivistin Zion Lights zeigt! Nehmen wir uns diese zum Vorbild. Zum Abschluss: eine ganze Reihe von Begriffen tauchen in diesem Kontext immer wieder auf, die zumindest hinterfragt werden sollten, eine kleine Auswahl diesmal: Wissenschaft und Szientismus Probleme vs. Dilemmata »Umwelt« Naturalistischer Fehlschluss Vorsorge Prinzip Zusammenfassend: wie geht es weiter? Die Zeit, wo wir uns als passive, von Natur oder Gott getriebenen Lebewesen sehen konnte ist vorbei: »Wir können uns wahrscheinlich kaum mehr so etwas wie Naturphänomene vorstellen, die im Sinne der klassischen Theodizeefrage vollständig auf Natur als Gegenkonzept zu Kultur oder Gesellschaft ausgelagert werden können. Selbst wenn ein Komet auf die Erde zurasen würde, […] würden wir das nicht alleine einem externen Schicksal zurechnen, sondern die Katastrophe unserem Mangel an Abwehrstrategien zurechnen«, Armin Nassehi Wie kommen wir zu einer systemischen Sicht, zu einem Blick, die »Gaia« als ganzes betrachtet, das menschliche Wohlbefinden nicht hinten anstellt und trotzdem nicht zur Katastrophe führt? »Catastrophists are wrong, time after time. […] And techno-optimists, who promise endless near-miraculous solutions, must reckon with a similarly poor record.«, Vaclav Smil Referenzen Andere Episoden Episode 7 und 8: Alles wird besser... oder nicht? Episode 15: Innovation oder Fortschritt Episode 16: Innovation oder Forrtschritt oder Stagnation? Episode 18: Fortschritt oder Stagnation: Gespräch mit Andreas Windisch Episode 39: Follow the Science Episode 42: Gesellschaftliche Verwundbarkeit, ein Blick hinter die Kulissen: Gespräch mit Herbert Saurugg Episode 44: Was ist Fortschritt? Ein Gespräch mit Philipp Blom Episode 46: Activism, a Conversation with Zion Lights Episode 62: Wirtschaft und Umwelt, ein Gespräch mit Prof. Hans-Werner Sinn Episode 70: Future of Farming, a conversation with Padraic Flood Fachliche Referenzen Extinction Rebellion Website Degrowth US Readings Jason Hickel, Degrowth: A Call for Radical Abundance Hating Humanity Won’t Get You Canceled - WSJ Why Silicon Valley billionaires are prepping for the apocalypse in New Zealand, The Guardian (2018) Steven Koonin, Unsettled, What Climate Science Tells Us, What It Doesn't, and Why It Matters Patrick Curry, Ecological Ethics, An Introduction, Polity Press (2006) Stanford Encyclopaedia of Philosophy, Environmental Ethics Samir Saran, Enough Sermons on Climate, It’s Time for ‘Just’ Action Peter Treue, Blut und Bohnen, Der Paradigmenwechsel im Künast-Ministerium ersetzt Wissenschaft durch Okkultismus, FAZ (2002) Cornelius Janzen, Ritual der Demeter-Landwirte: Warum sie Kuhhörner in der Erde vergraben, ZDF (2021) Demeter, »biodynamische« Präparate Mark Lynas, Finland’s Green Party endorses nuclear power (2022) Mark Lynas, Seeds of Science, Why We Got It So Wrong On GMOs (2020) James Lovelock, Novacene, The coming age of hyper intelligence Jorgen Randers, 2052 A global forecast for the next forty years (2012) Ted Nordhaus, Sri Lanka's Organic Farming Experiment Went Catastrophically Wrong, Foreign Policy (2022) Der Mensch - das Mängelwesen, NZZ (2004) The Doomslayer. The environment is going to hell, and human life is doomed to only get worse, right? Wrong. Conventional wisdom, meet Julian Simon, the Doomslayer. Wired (1997) Population, Affluence, and Technology, Penn State College of Earth and Mineral Sciences Roger Pielke Jr., More on the Iron Law of Climate Policy (2010) Carlos Ruiz Zafón, eine Figur in Das Spiel des Engels Vaclav Smil, How the World Really Works, Penguin (2022)
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  • Folge vom 16.06.2022
    058 — Verwaltung und staatliche Strukturen — ein Gespräch mit Veronika Lévesque
    Ich hatte seit längerer Zeit in Thema im Hinterkopf, das für die Zukunft unserer modernen Gesellschaften von großer Bedeutung ist, und dennoch häufig unter dem Radar läuft, beziehungsweise in den letzten Jahren seit dem immer stärkeren durch systemisches Versagen in vielen Ländern unter Beschuss geraten ist. So weit, dass manche von einer fundamentalen Ablöse träumen — sei es in Blockchain-Träumen oder mondäneren Varianten davon: Dieses Thema ist, »Verwaltung und staatlichen Strukturen«, denn beide bilden meiner Ansicht nach das Rückgrat jeder modernen Gesellschaft und es freut mich daher besonders mit Veronika Lévesque, eine äußerst kompetente Ansprechpartnerin zu diesem Themenfeld gefunden zu haben. Veronika Lévesque ist Organisationsbegleiterin und Projektmensch am Institut für Arbeitsforschung und Organistionberatung IAFOB. Beschäftigt sich vorzugsweise mit Fragen, für die es noch keine fertige Antwort gibt. Das macht sie natürlich zu einer perfekten Ansprechpartnerin für diesen Podcast. Ebenso, dass Frau Lévesque begeisterte Grenzgängerin ist: sie ist  in vier Ländern, drei Sprachen und am liebsten in den Zwischenräumen zwischen Disziplinen unterwegs, mit den  Schwerpunkten: Transformation, Organisations- und Entwicklungshandwerk, agile Spielfelder in nicht-agilen Umgebungen und Methodenentwicklung. Der Umgang mit Nicht-Planbarem ist dabei immer ein wesentliches Motiv. »Ein ambitionierter Fehler ist oft hilfreicher als eine mutlose Wahrheit.« Sie hat ihre Karriere im weiteren Sinne in der Erwachsenenausbildung begonnen, in Schulen weitergeführt und nutzt ihre Erfahrung in der Organisationsentwicklung um in der Verwaltung in der Schweiz für 15 Jahre zu arbeiten. Wir werden daher eine Einsicht in die Situation der Schweiz bekommen, was mich freut, weil wir von der Schweiz im restlichen deutschsprachigen Raum ohnedies zu wenig erfahren, die Schweiz aber offensichtlich in einigen Bereichen sehr erfolgreich agiert; wir diskutieren aber auch über Deutschland und Österreich, sowie die globale Situation. Wir beginnen mit der Frage, ob meine Ansicht, dass die Verwaltung das Rückgrat einer modernen Gesellschaft sei zutrifft? Wie spielen Exekutive, Legislative, Judikative und Verwaltung zusammen und — ist die Verwaltung damit die vierte Gewalt im Staate? »Die Verwaltung schützt das gesetzte Recht und gleichzeitig hilft sie dabei es zu ändern.« Ist die Verwaltung auch für Fragen »der Zukunft« verantwortlich, also Themen, die sich kurzfristigen ökonomischen Betrachtungen entziehen?  Mit dem Ansatz des New Public Management wurde der Anspruch gestellt, dass auch Verwaltungen effizient sein müssen, was zu einer deutlichen Verkleinerung in den letzten Jahrzehnten geführt hat. D.h. Aufgaben, die besser am freien Markt zu erledigen sind, wurde ausgelagert. Was ist das aktuelle Fazit dieser Veränderungen? Auch stellt sich wieder das im Podcast häufiger genannte Dilemma zwischen Effizienz und Resilienz, das heißt der Fähigkeit sich auf eine unbekannte Zukunft mit neuen Herausforderungen und Risiken einzustellen. »Most modern efficiencies are deferred punishment«, Nassim Taleb Wie spielen politische Ideoligien (von sozialdemokratisch bis libertär) zusammen mit Verwaltung und: was zählen wir eigentlich zur Verwaltung? Eine weitere wichtige Rolle spielen staatsnahe Unternehmungen, die aber nicht im engeren Sinne zur Verwaltung zu zählen sind. Wird die Verwaltung immer nur dann genannt, wenn etwas nicht funktioniert, oder anders ausgedrückt: leidet die Verwaltung darunter, dass sie im Kern unsichtbar wird, wenn sie (zu) gut funktioniert? Wie geht die Verwaltung mit der zunehmenden gesellschaftlichen und politischen Anforderung nach Transparenz um und ist Transparenz überhaupt ein Wert an sich? Wem verantwortet sich die Verwaltung gegenüber? »Demokratie ist eine träge Maschinerie, konzipiert um Entscheidungen zu verlangsamen«, Herfried Münkler, zitiert in Philipp Blom, Was auf dem Spiel steht Wie sieht es mit Zeitlichkeit aus, nach Herfried Münkler — ist Verwaltung vielleicht auch ein notwendiges und sinnvolles dämpfendes Element einer modernen Gesellschaft? Standardisierung, Stabilität, Nachvollziehbarkeit waren der Erfolgsmuster der Vergangenheit — das bereitet uns zunehmend Schwierigkeiten. Aber nicht nur die Verwaltung hat Probleme sich der Geschwindigkeit der Zeit anzupassen, auch die Gesetzgebung kommt selten hinterher, sie wird von den Themen getrieben und setzt sie selten. »Die Verwaltung als Bastion gegen Willkür« Wird, wie so häufig, das gemessen, was sich leicht messe lässt: also der Kosten, und nicht der Nutzen — zum Schaden der Gesellschaft? Was macht die »Digitalisierung« mit der Verwaltung, beziehungsweise die Verwaltung mit der Digitalisierung?  Dann unterhalten wir uns über den Unterschied zwischen Politik und Verwaltung, die sehr gegensätzlich sind: erstere laut, schnell und flach, die letztere still, konzentriert und tief? Haben wir Angst, gesetzlich die Idee (und nicht jedes Detail) klarzustellen und Verwaltung beziehungsweise  Exekutive mehr Freiheit in der Umsetzung zu lassen und versuchen wir stattdessen (erfolglos) alles bis ins Letzte zu regeln und zu bestimmen und scheitern dabei naturgemäß an der Komplexität und Geschwindigkeit der Welt? Haben wir also, anders gesagt, Angst selbstständig zu denken? Wollen wir jeden kleinsten Schritt vorbestimmt haben, wissend, dass dies zum Scheitern verurteilt ist? »When I look at people I have hope. When I look at institutions I am hopeless«, Donella Meadows via Vicki Robin Was sind die Krisen der letzten Jahre und Jahrzehnte zu beurteilen und welche Rolle spielen dabei Verwaltung und staatliche Strukturen (Finanzkrise, Flüchtlingskrise, Versagen im Covid-Management usw.): „Der Bund hatte die im Pandemiefall notwendigen organisatorischen Strukturen und personellen Grundvoraussetzungen nicht sichergestellt.“  und „die Herausforderungen des Krisenmanagements in der COVID-19-Pandemie [waren] bislang ungelöst. Die seit Ausbruch der Pandemie gemachten Erfahrungen wurden zu wenig genutzt, um das Krisenmanagement im Sinne von Lessons Learned weiterzuentwickeln“, Rechnungshofbericht Österreich, Juni 2022 Also, nicht nur wurden erhebliche Fehler gemacht, man hat aus diesen bisher auch nicht nennenswert gelernt — ein rein österreichisches Problem? Wie bekommt man Kompetenz, Schlagkraft, Handlungsfähigkeit und Agilität in die Verwaltung, die gleichzeitig auch Stabilität und Langfristigkeit sichern soll? Und damit im Zusammenhang: ist das Beamtenwesen überhaupt noch ein Zukunftsmodell, oder sollte die Verwaltung nicht vielmehr den Rest der Gesellschaft widerspiegeln? Und nicht zuletzt zeichnet Frau Lévesque auch ein optimistischeres Bild für die Kooperation zwischen den Generationen — vom Übergang einer linearen in eine digitale Lebenslogik mit Hilfe anderer Denkmodelle der »Gamergeneration«? Referenzen Veronika Lévesque Veronika Lévesque am IAFOB Veronika Lévesque, Wie innovierend, agierend und selbstaktiv getrieben kann und soll eine Verwaltung sein? (2017) Andere Episoden Episode 17: Kooperation Episode 25: Entscheiden unter Unsicherheit Episode 26: Was kann Politik (noch) leisten? Ein Gespräch mit Christoph Chorherr Episode 30: (Techno-)Optimismus — ein Gespräch mit Tim Pritlove Episode 38: Eliten, ein Gespräch mit Prof. Michael Hartmann Episode 42: Gesellschaftliche Verwundbarkeit, ein Blick hinter die Kulissen: Gespräch mit Herbert Saurugg Episode 45: Mit »Reboot« oder Rebellion aus der Krise? Fachliche Referenzen Forum Agile Verwaltung Rechnungshofbericht zum österr. Pandemiemanagement (Juni 2022) Vicki Robin im Team Human Podcast am 9.2.2022 (Douglas Rushkoff) Philipp Blom, Was auf dem Spiel steht (2017) The C.D.C. Isn't Publishing Large Portions of the Covid Data It Collects (20.2.2022)
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  • Folge vom 23.05.2022
    057 — Konservativ UND Progressiv
    Das Theme der heutigen Episode ist: Konservativ und Progressiv, die Betonung liegt dabei auf dem und; wie hoffentlich nach dieser Episode klarer sein wird. Rutger Bregmans TED-Video über das bedingungslose Grundeinkommen hat mich »getriggert« über einen Themenbereich zu sprechen, der in anderen Episoden schon angekratzt wurde. Mir scheint es aber wesentlich zu sein, dieses Thema von unterschiedlichen Seiten zu beleuchten. Außerdem ist die politische Dimension der Lagerbildung in sogenannte konservative und progressive Gruppen bisher noch nicht konkret angesprochen worden. Wie verändern wir die Welt, sodass gerade nicht das bekannte Zitat »Das Gegenteil von gut gemacht ist gut gemeint« zum Einsatz kommen muss? Wie  kommunizieren wir komplexe Probleme der Zeit in angemessener Weise? Wie können wir zu einer Diskurs-Kultur kommen, die nicht an politischen Grenzen und Lagern zerschellt? Was ist die Rolle von Wissenschaft? Sollte Wissenschaft und Aktivismus voneinander getrennt sein, weil Wissenschafter sonst das Risiko eingehen ihre oftmals enge Sicht zu überschätzen und sich, wie immer öfter zu beobachten ist, in fast religiösen Eifer steigern und damit ihre Glaubwürdigkeit verspielen. Was ist das TED-Problem? »The world out there is a complex place, and those who want “easiness” can always gorge themselves on TED talks.«, Evgeny Morozov Kein komplexes Problem der Welt ist mit einfachen Mitteln und Ideen zu lösen. Es ist relativ einfach auf die Schwächen bestehender Systeme hinzuweisen, viel schwerer aber diese durch etwas besseres zu ersetzen: »The high point of techno-democratic optimism was arguably 2011, a year that began with the Arab Spring and ended with the global Occupy movement.«, Jonathan Haidt Welche Rolle spielen in diesem Dilemma konservative und progressive Ideen? Underlying idea of conservatism: »There is an intuition, even if they don't think of it that way logically, that almost everything did not make it through evolution in terms of social systems. And the few things that did weren't the things people thought would. So there is a lot of embedded wisdom that wasn't understood, it was hard earned. And we want to preserve that and not break it because we think we understand it well enough and we might not.« »Progressive intuition is that we deal with fundamentally novel situations evolution did not yet figure out and we need innovation.« »And of course the synthesis of this dialectic is: we see new innovation that is commensurate with that what should be conserved. And not everything deserves to be conserved«, Daniel Schmachtenberger Rutger Bregman hat Recht, wenn er sagt: »I'm a historian. And if history teaches us anything, it is that things could be different. There is nothing inevitable about the way we structured our society and economy right now. Ideas can and do change the world.« Die andere Seite aber spricht der britische Philosoph John Gray an: »The world in which we find ourselves at the start of the new millennium is littered with the debris of utopian projects« Referenzen Andere Episoden Episode 7 und Episode 8: Alles wird besser... oder nicht? Episode 29: Fakten oder Geshichten? Wie gestalten wir die Zukunft? Episode 37: Probleme und Lösungen Episode 39: Follow the Science? Episode 45: Mit »Reboot« oder Rebellion aus der Krise? Episode 47: Große Worte Fachliche Referenzen TED-Talk von Rutger Bregman: Poverty isn't a lack of character; it's a lack of cash (2017) Jesse Singal, The Quick Fix: Why Fad Psychology Can't Cure Our Social Ills (2021) Evgeny Morozov, To Save Everything, Click here (2013) Jonathan Haidt, Why the Past 10 Years of American Life Have Been Uniquely Stupid, The Atlantic (2022) John Gray, Black Mass, Apocalyptic Religion and the Death of Utopia (2011) Robert Greene, 48 laws of power (2010) How Sri Lanka's shifts to organic farming left it in the manure, The Times (2022) In Sri Lanka, Organic Farming Went Catastrophically Wrong. A nationwide experiment is abandoned after producing only misery. Foreign Policy (2022) Dark Horse Podcast, Brett Weinstein, Daniel Schmachtenberger (2021)
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