Schon während seiner Amtszeit als Staatsoberhaupt kritisierte Joachim
Gauck Russlands Umgang mit der Ukraine. Heute fordert er mehr
Waffenlieferungen in die Ukraine. Gauck sagt: Der Frieden in Europa sei
lange stabil gewesen, nun aber brauche es eine entschlossene Politik, um
Deutschland wieder abschreckungs- und verteidigungsfähig zu machen.
Der Ukraine-Krieg habe das Verhältnis Gaucks zum Pazifismus verändert.
Er stellt die Frage in den Raum: „Wenn du Verantwortung hast für deine
Mitmenschen, wirst du dann zuschauen können, wenn dein Volk überwältigt
wird? Eher doch wohl nicht.“
Im Gespräch mit Mariam Lau und Roman Pletter sagt Gauck, eigentlich
wolle China den Frieden: „Sie verdienen mehr, wenn Frieden ist. Und sie
möchten auch gerne den großen Markt in den Vereinigten Staaten und in
Europa nicht verlieren.“ Trotzdem plädiert er für einen Plan B: „Wenn
sie tatsächlich Taiwan angreifen, dann müssen wir unser Verhalten
ändern.“ Deutschland müsse sich in dem Fall „mit den US-Amerikanern, mit
den Japanern, Australiern, mit den Koreanern verbünden und zusehen, dass
wir uns durch Sanktionen oder was auch immer gegen das imperiale
Begehren Chinas wehren“.
Auf die Frage, ob er es bereue, nicht für eine zweite Amtszeit
kandidiert zu haben, sagt der ehemalige Bundespräsident: „Nein, das
bereue ich nicht.“ Gauck meint, nach seiner Vita sei es schon sehr
unwahrscheinlich gewesen, dass er überhaupt Präsident geworden sei. „Man
muss auch sagen: Tschüss, Leute.“
Das Gespräch ist eine Aufzeichnung der Veranstaltung Eine Stunde ZEIT
mit Joachim Gauck, die am 19. April in Berlin vor Publikum stattfand und
per Livestream übertragen wurde.