Abgesehen davon, dass man Menschen nicht in Schubladen steckt, würde man bei Johannes Filous ohnehin einen ganzen Schrank brauchen. Der Dresdner ist angehender Arzt, arbeitet in einer Klinik, impft im Impfzentrum Menschen gegen Corona, engagiert sich gesellschaftlich bei der Band Offbeat Cooperative und ist mit dem Twitter-Projekt "Straßengezwitscher" Grimme-Online-Award-Preisträger. Er ist also Mediziner, Reporter und Musiker in einem.
Im CoronaCast, dem Podcast von Sächsische.de zur Pandemie, redet Filous über seine vielfältigen Tätigkeitsfelder. Die machen ihn während Corona sowohl zum Sprachrohr dauergestresster Mitarbeiter im Gesundheitswesen als auch zu einem aufmerksamen Beobachter der "Querdenken"-Bewegung.
Im Podcast-Gespräch macht Filous auf die sich zuspitzende Lage auf sächsischen Intensivstationen eindringlich aufmerksam. Als Arzt im Studium arbeitet er momentan an einer Dresdner Klinik. "In diesem Haus ist momentan kein Intensivbett frei", sagt er. Wie schnell das flächendeckend zum Problem werde, habe er im Winter erlebt. "Da habe ich selbst auf einer Intensivstation Patienten versorgt."
Filous beschreibt, wie aufwendig und kräftezehrend vor allem die pflegerischen Tätigkeiten auf so einer Station sind. "Die Menschen liegen im Koma, auf dem Bauch, werden beatmet und müssen von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern immer wieder umgelagert werden." Dass sich Intensivpatienten nicht selbst bewegen könnten, sei zwar normal. Dass die Stationen über Wochen voll seien, mache aber den Unterschied.
Hinzu kämen menschliche Schicksale, die zusätzlich belasten. Ein Fall hat Filous besonders nachdenklich gestimmt. "Wir hatten ein jüngeres Ehepaar auf der Intensivstation. Der Frau ging es schon bald besser, so dass sie auf Normalstation konnte. Ein paar Tage später kam sie dann wieder zu uns, um sich von ihrem Mann zu verabschieden."
Den Weg raus aus der Krise sieht Filous in den Impfungen. Mit dem Start der Impfzentren in Sachsen wurde im Januar medizinisches Personal gesucht, das impfberechtigt ist. "Für mich war klar, dass ich da helfen will. Dann ging es ganz schnell." Inzwischen impft Filous immer dann, wenn es sein Dienstplan erlaubt. Das ist meist an Wochenenden. "Inzwischen habe ich schon 600 Menschen geimpft."
Filous erklärt in dem Podcast detailliert die Abläufe in einem Impfzentrum. Und welche Vor- und Nachteile diese großen Einrichtungen im Vergleich zu Hausarztpraxen haben, wo die Corona-Impfung seit Anfang April ebenfalls möglich ist. Er spricht über die verschiedenen Impfstoffe und erklärt, wie Menschen vor dem Pieks optimal aufgeklärt werden sollten.
Schließlich geht es auch um Impfverweigerer, Corona-Skeptiker und die "Querdenken"-Bewegung. Filous betont: "Von pauschalen Verurteilungen halte ich wenig." Man sollte nicht jeden, der etwa die rapide Entwicklung der Corona-Impfstoffe hinterfrage, "irgendein Label aufdrücken." Seriöse Aufklärung sei wirksamer.
Die Corona-Demonstrationen, bei denen sich gewöhnliche Bedenkenträger mit Rechtsextremen vermischen, hält er jedoch für ein ernstzunehmendes Phänomen. Auf das hat er als Reporter für "Straßengezwitscher" ein Auge. Auch am kommenden Wochenende in Dresden, wo trotz eines Demo-Verbots Versammlungen erwartet werden.
Das Podcast-Gespräch wurde über einen Videoanruf aufgezeichnet. Alle am Gespräch beteiligten Personen saßen ausreichend weit voneinander getrennt an verschiedenen Orten.