Ich möchte mit dieser Episode anregen – vielleicht auch ein wenig provozierend – über Begriffe nachzudenken:
Natur
Umwelt
Umweltschutz
Umwelt und Wirtschaft
Anthropozän
In welcher Form wir diese Begriffe interpretieren, stellt sich als fundamentale Weichenstellung heraus, wie wir mit unserer Zukunft umgehen.
»Ich habe mich oft gefragt: 'Was sagte der letzte Bewohner der Osterinsel, der gerade dabei war, die letzte Palme zu fällen?' Schrie er wie moderne Holzfäller: 'Wir brauchen keine Bäume, sondern Arbeitsplätze!'? Oder sagte er: 'Die Technik wird unsere Probleme schon lösen, keine Angst, wir werden einen Ersatz für das Holz finden'? Oder vielleicht: 'Wir haben keinen Beweis, dass es nicht an anderen Stellen auf der Osterinsel noch Palmen gibt, wir brauchen mehr Forschung, der Vorschlag, das Abholzen zu verbieten, ist voreilig und reine Angstmacherei'?«, Jared Diamond
Es macht auf sehr anschauliche Weise deutlich, wie sehr wir als Individuen auf die Probleme fokussiert sein können, die aus unserem Job, unserer Rolle in der Gesellschaft oder Wirtschaft entspringen. So fokussiert, dass wir völlig übersehen, dass wir durch den immer angestrengteren Versuch, unser Unternehmen, unsere Familie, unseren Staat aufrecht zu erhalten gerade die dafür notwendigen Fundamente zerstören.
In dieser Episode werden wir von Alexander von Humboldt hören: »Alles ist Wechselwirkung« und über das Verhältnis von Wirtschaft und Natur:
»Naturmenschen und Menschen früher Zivilisationen lebten in der Vorstellung einer geradezu grenzenlosen Fläche. [...] Es gab immer einen anderen Platz, den man aufsuchen konnte, wenn die Dinge zu schwierig wurden; entweder weil die Umwelt oder die sozialen Strukturen im bisherigen Lebensraum zerstört wurden. […] Besonders Ökonomen sind größtenteils gescheitert mit den Konsequenzen dieses Übergangs von einer offenen zu einer geschlossenen Welt zurechtzukommen.«, Kenneth Boulding
Was ist dieses – von Boulding, McLuhan und anderen eingeführte – »Spaceship Earth« (Raumschiff Erde), und wie kann es uns diese Idee weiterhelfen?
Die Erde photographiert von der Apollo 8 Mission (1968)
Dann ist der Begriff der »Umwelt« an der Reihe. Macht dieser Begriff (und die traditionelle Umweltbewegung) heute überhaupt noch Sinn, oder verstellte er den Blick auf die Tatsache, dass wir in ein neues Erdzeitalter, das Anthropozän eingetreten sind und damit völlig neu über unser Verhältnis zur Welt nachzudenken haben?
»Wir waren immer verrückt, aber wir hatten nicht die Fähigkeiten die Welt zu zerstören. Jetzt haben wir sie.«, Nassim Taleb
Was wir angerichtet haben, fällt auf uns zurück. Niemand wird uns dabei helfen.
»Die Natur ist nicht länger am Steuer des Planeten, wir sind es. Es liegt in unserer Hand, was passieren wird.«, Mark Lynas
Was folgt aus dieser Aussage? Zunächst die Erkenntnis, dass ich in dieser Episode viele Türen öffne, viele Fragen aufwerfe und hoffe, zum Nachdenken und zur Diskussion anzuregen. In späteren Folgen, werde ich versuchen, verschiedene dieser Themen wieder aufzunehmen, auch in Gesprächen mit Gästen.
Referenzen
Jared Diamond, Kollaps, Warum Gesellschaften überleben oder untergehen, Fischer (2012)
Andrea Wulf, Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur, C. Bertelsmann (2016)
Kenneth E. Boulding, The Economics of the Coming Spaceship Earth; In H. Jarrett (ed.) 1966. Environmental Quality in a Growing Economy, pp. 3-14. Baltimore, MD: Resources for the Future/Johns Hopkins University Press.
US Botschafter Adlai Stevenson bei einer UN-Ansprache im Jahr 1965 {Chris C. Park, The Environment, Psychology Press (2001)}
Buckminster Fuller, Operating Manual for Spaceship Earth
Club of Rom 1972: Grenzen des Wachstums
The Anthropocene is functionally and stratigraphically distinct from the Holocene, Colin N. Waters et al., 8. Jan 2016
Nassim Taleb, Skin in the Game, Penguin (2018)
Klaus Kornwachs, Philosophie der Technik, C.H.Beck Wissen (2013)
Lars Fischer, Geoengineering – haben wir überhaupt noch eine Wahl?, SciLogs (2010)
Mark Lynas, The God Species: How Humand Really Can Save the Planet